Werbung

Katalonien unter globaler Beobachtung

Parlamentspräsidentin Carme Forcadell im nd-Interview: Ja, es wird ein Referendum geben

»Ja, es wird ein Referendum geben, geöffnete Wahllokale, Stimmzettel und Wahlurnen. Vor allem wird es lange Schlangen geben, weil die Menschen frei über ihre Zukunft abstimmen wollen«, sagte die Parlamentspräsidentin Kataloniens Carme Forcadell dem »neuen deutschland«.

Viele Schulen werden zum Sonntag als Wahllokale umfunktioniert. Die spanische Zentralregierung in Madrid will indes die Wahllokale besetzen lassen - unter anderem von der katalanischen Regionalpolizei Mossos d'Esquadra. Die findet das nicht in Ordnung. Die aus knapp 17 000 Beamten bestehende katalanische Polizei erklärte im Kurzbotschaftendienst Twitter, die Umsetzung des Dekrets berge die Gefahr »ungewünschter Folgen«. Diese beträfen die »Sicherheit der Bürger« und das »mehr als vorhersehbare Risiko«, dass die öffentliche Ordnung gestört werde.

Die in Katalonien grundsätzlich auch tätigen spanischen Polizeikräfte der Guardia Civil und Guardia Nacional plus die extra nach Katalonien geschickte Verstärkung werden alleine nicht in der Lage sein, das Referendum flächendeckend zu verhindern.

Bei ihrer Pressekonferenz am Freitag sagte die Regierung, dass auf 2315 Schulen und 6249 Wahllokale zurückgegriffen werden könne. Trotz der juristischen Drohungen aus Madrid gegen alle Personen, die sich an der Organisation der vom spanischen Verfassungsgericht für illegal erklärten Abstimmung beteiligen, haben sich nach Angaben der katalanischen Regierung neben den 7235 Mitarbeiter von Behörden über 50 000 Freiwillige als Helfer gemeldet. Regierungssprecher Jordi Turull versicherte, dass die Regierung »für jedes Problem eine Lösung finde«.

Die Generalitat - Kataloniens Regierung - ist sich klar darüber, dass der Wahlgang und die Ergebnisse unter den gegebenen Umständen weltweit mit Argusaugen beobachtet werden. Deswegen wird es am Sonntag »einen Mechanismus mit Personen geben, die in Bezug auf ihre Glaubwürdigkeit hinsichtlich von Beruf, akademischer Ausbildung und Person über jeden Zweifel erhaben sind«. Dieses Gremium soll für die Glaubwürdigkeit des Ergebnisses bürgen. Namentlich genannt wurden die Persönlichkeiten noch nicht, das wurde für Sonntag angekündigt.

Das Referendum ist das Ergebnis eines Prozesses, der 2012 an Fahrt aufnahm. Im März jenes Jahres gründete sich die zivile Unabhängigkeitsbewegung Katalanische Nationalversammlung (ANC). Die ANC war es, die am 11. September 2012 eine der machtvollsten Demonstrationen in der katalanischen Geschichte organisierte: Über 1,5 Millionen Menschen forderten in Barcelona die Unabhängigkeit Kataloniens. Das Motto: Für »Katalonien, ein neuer Staat in Europa«.

Umfragen zufolge war lange weniger als die Hälfte der Bevölkerung für eine Trennung, aber fast 80 Prozent wünschen ein Referendum über die Frage. Madrid jedoch nicht.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.