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Ein Hochhaus als Kraftwerk
Erster Wohnturm mit positiver Energiebilanz soll bald in Straßburg bezugsfertig sein
Solarzellen findet man in Straßburg sogar auf Mülleimern. So verwundert es auch nicht, dass die Photovoltaik-Technik dort auch bei einem innovativen Bauprojekt eine zentrale Rolle spielt. Die »Nullstromrechnung« sei eines der zentralen Ziele beim Bau des Ende des Jahres bezugsfertigen Wohnturms »Elithis Danube« gewesen, erzählt ein Mitarbeiter der französischen Ingenieursfirma Elithis.
Während Bauarbeiter im Hintergrund noch Schutt wegräumen, erklärt der Experte den Pressevertretern, wie in dem schwarz-silbern glitzernden Wohnturm in der Straßburger Innenstadt bald mehr Strom erzeugt werden soll, als dessen Bewohner verbrauchen können. Das seit mehr als zehn Jahren geplante 16-stöckige Gebäude ist demnach mit 1233 Quadratmetern Solarzellen ausgestattet. Die gemeinsam erzeugte Energie soll gerecht auf die Bewohner des Hauses verteilt werden, Überschüsse werden ans Netz abgegeben.
Wer besonders wenig Strom verbraucht, kann bei seiner Stromrechnung während der ersten sechs Jahre sogar einen Bonus rausschlagen. Das Geld wird in diesem Fall nicht in Euro gezahlt, sondern in der Lokalwährung Stück. »So können wir verhindern, dass niemand mit seinem Gewinn in einen spritfressenden Flieger nach Bali steigt«, erklärte Firmenchef Thierry Bièvre kürzlich der »Mittelbadischen Presse«.
Das Unternehmen wolle die Bewohner im Alltag mit dem Prinzip des Stromsparens vertraut machen. Erziehen wolle man die Menschen aber nicht, stellt Bièvre klar. Wer mehr Strom verbraucht, zahle einfach mehr. Ein digitaler Coach namens Alad‘hun wird unverbindlich Stromspartipps geben. Das Programm könne zwar auch abgeschaltet werden, besser sei es hingegen, die Zahl der täglichen Tipps zu reduzieren. »Wir wollen zeigen, dass Wohnkomfort nicht nur über Energieverschwendung erreicht werden kann«, sagt Bièvre. Keiner solle auf seinen Komfort verzichten müssen.
Elithis hat derweil noch mehr getan, um es den künftigen Bewohnern zu erleichtern, wenig Strom zu verbrauchen. Neben einer Ausstattung mit modernen energieeffizienten Geräten gibt es zahlreiche weitere Besonderheiten. Das Gebäude selbst ist aerodynamisch gebaut und verfügt über ein Dach aus dem besonders robusten Kunststoff Polyurethan und eine Fassade aus isolierender Glaswolle. Die ebenfalls isolierend wirkenden Doppelglasfenster sind mit Aluminium umrandet und mit verstellbaren Sonnenabschirmungen versehen. Selbst aus den Abwässern soll Elithis zufolge noch Energie gewonnen werden. Geheizt wird ebenfalls umweltfreundlich mit 70 Prozent Biomasse.
620 Euro Kaltmiete sollen die kleinsten Wohnungen mit 42 Quadratmetern kosten, sagt Bièvre, dessen Unternehmen auch der Vermieter ist. Sozialwohnungen wird es im »Tour Elithis Danube« allerdings nicht geben. Irgendwie müssten die fast 20 Millionen Euro Baukosten auch wieder reinkommen.
Elitihis präsentiert ihren Straßburger Turm als weltweit einmalig. Auch den Experten bei der Deutschen Energie-Agentur in Berlin sind keine anderen Wohntürme mit positiver Energiebilanz bekannt. In Frankfurt am Main wurde zwar im Jahr 2015 der weltweit erste Energieplus-Wohnkomplex eingeweiht, dabei handelt es sich aber nicht um ein Hochhaus.
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