Mehr Arbeiter vom Balkan
Alternative zum Asylantrag wird zunehmend genutzt
Nürnberg. Der 2016 eingeleitete Kurswechsel der Bundesregierung im Umgang mit Jobsuchenden aus dem Westbalkan hat die Zahl der Arbeitskräfte aus der Region spürbar steigen lassen. In den ersten acht Monaten 2017 sei die Zahl der Arbeitserlaubnisse für Albaner und Menschen aus anderen Westbalkan-Ländern im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um knapp 60 Prozent auf 62 957 gestiegen, wie jüngste Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen.
Die Bundesregierung hatte mit dem Programm auf die 2015 stark gestiegene Zahl von Asylbewerbern vom Westbalkan reagiert. Da die allermeisten der Arbeit wegen nach Deutschland gekommen waren, hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) deren Asylanträge fast zu 100 Prozent abgelehnt. Die Neuregelung - die sogenannte Vorabzustimmung - erlaubt Menschen vom Westbalkan, unter bestimmten Bedingungen als Arbeitsmigranten nach Deutschland zu kommen.
Zugleich stieg in diesem Jahr aber auch die Zahl der Ablehnungen. Bis Ende August verweigerte die Bundesagentur in knapp 17 500 Fällen Jobsuchern aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Mazedonien und dem Kosovo die Arbeitserlaubnis. Diese wird meist in solchen Fällen verweigert, in denen die Betroffenen kein konkretes Jobangebot nachweisen können, oder es bereits genügend inländische Jobsucher für die Stelle gibt.
Am stärksten haben der Bundesagentur-Statistik zufolge arbeitssuchende Albaner von der 2016 in Kraft getretenen Neuregelung profitiert: Sie bilden mit knapp 22 200 erteilten Arbeitserlaubnissen die stärkste Gruppe. Arbeitskräfte in Bosnien und Herzegowina erhielten in gut 16 000 Fällen die Erlaubnis, in Deutschland zu arbeiten, Serben in mehr als 10 000 Fällen.
Das Bundesarbeitsministerium hatte allerdings schon Ende 2016 darauf hingewiesen, dass die Vorabzustimmung der Bundesagentur für Arbeit nicht immer sofort zu einer Arbeitsaufnahme in Deutschland führe. Die Jobsucher bräuchten für die Einreise erst noch ein Visum. In einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hatte die Bundesregierung Anfang September längere Wartezeiten in den deutschen Auslandsvertretungen eingeräumt. Anfang August seien dort für die Terminvergabe Wartezeiten zwischen 12 und 17 Wochen üblich, in Pristina/Kosovo sogar von mehr als 12 Monaten. Alle Vertretungen in der Region seien aber inzwischen personell aufgestockt worden. dpa/nd
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