Eine Familie hängt an der Spritze

Raimondas Rumsas wurde einst wegen Dopings gesperrt. Nun fiel der erste Sohn ebenso beim Test durch - nachdem der zweite gestorben war

  • Stefan Tabeling, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.

Als Raimondas Rumsas junior sieben Jahre alt war, musste er 73 lange Tage ohne seine Mutter auskommen. Edita Rumsas saß in Frankreich in Untersuchungshaft, weil sie an der Grenze zu Italien mit 37 verschiedenen Medikamenten - darunter das Blutdopingmittel EPO sowie Anabolika und Wachstumshormon - im Auto erwischt worden war. Der Fall hatte 2002 einen riesigen Skandal ausgelöst, schließlich war ihr Ehemann, Radprofi Raimondas Rumsas senior, unmittelbar zuvor auf den dritten Rang der Tour de France gefahren.

Der Ausrede, dass die Präparate allesamt für die kranke Mutter von Edita Rumsas bestimmt gewesen seien, folgte das Gericht nicht. Das litauische Ehepaar wurde später wegen der unerlaubten Einfuhr von Medikamenten zu einer viermonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Verfehlungen seines Vaters, der beim Giro d’Italia 2003 zudem mit EPO aufflog und für ein Jahr gesperrt wurde, hatten offenbar keine abschreckende Wirkung auf den Sohn. Am 4. September wurde dem 23-Jährigen Rumsas junior in einer Trainingskontrolle das Wachstumshormon freisetzende Peptid GHRP nachgewiesen, wie das Nationale Olympische Komitee Italiens mitteilte.

Der Dopingfall des Amateurfahrers erscheint umso tragischer, da sein zwei Jahre jüngerer Bruder Linas erst im Mai an einem Herzinfarkt verstorben ist. Es besteht der Verdacht, dass sein Tod keine natürlichen Ursachen hatte. Die italienische Staatsanwaltschaft hat längst Ermittlungen aufgenommen. Laut Medienberichten sollen bei einer Razzia in Lucca, der Wahlheimat der Familie, zahlreiche Medikamente wie Insulin, Schmerzmittel sowie Spritzen sichergestellt worden sein.

»Vor 15 Jahren waren wir ein Mann und eine Frau, die sich liebten und für alles verantwortlich gemacht wurden, was in unserem Sport falsch lief. Heute sind wir ein Paar, das einen Sohn verloren hat und jemand will uns immer noch weh tun«, sagte Edita Rumsas jüngst der Zeitung »Corriere della Sera«. Die Familie werde die Medikamente erklären, sollten sie angehört werden. »Wir haben mit den Jungs nicht über dieses Zeug gesprochen. Wir wollen auch wissen, woran Linas gestorben ist«, ergänzte die 45-Jährige.

Nun also der nächste Vorfall mit ihrem ältesten Sohn, der als talentiert gilt und im Sommer den dritten Platz bei den litauischen Meisterschaften im Einzelzeitfahren belegte. Die Substanz, mit der Rumsas aufflog, scheint übrigens in Italien in Mode zu sein. GHRP war auch den italienischen Radprofis Stefano Pirazzi und Nicola Ruffoni kurz vor Beginn des 100. Giro d’Italia in A- und B-Probe nachgewiesen worden. Pirazzi, einst Bergkönig bei der Italienrundfahrt, wurde nun für vier Jahre gesperrt.

Eine Sperre droht auch Rumsas junior. Ob es innerhalb der Familie nun aber zu einem Umdenken kommt, erscheint fraglich. dpa/nd

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