Sojaanbau im Rheinland

Ein bundesweites Experiment mit der Nutzpflanze erfreute sich großer Beliebtheit - und war erfolgreich.

  • Mona Grosche
  • Lesedauer: 4 Min.

Spätsommer 2017: Kapuzinerkresse, Kohl, Lauch und Kürbis stehen friedlich nebeneinander. Und mittendrin auch einige Reihen von Pflanzen, die man hierzulande eher selten sieht: Sojabohnen. Sie sind nicht nur hübsch anzusehen und pflegeleicht wie kaum ein anderer Beetbewohner - sie liefern auch tatsächlich reiche Ernte in warmen Regionen wie im Rheinland: Schmackhafte Edamame (also unreife Bohnen) bringt der August auf den Tisch und im September und Oktober folgen die reifen Sojabohnen.

»Soja? Was wollt ihr denn damit? Wollt ihr jetzt etwa Tofu herstellen?« So oder ähnlich waren die Reaktionen von Kleingartennachbarn und Freunden, als bei uns im letzten Jahr erstmalig in den Beeten kleine Sojapflänzchen in säuberlich mit Nummern gekennzeichneten Reihen zum Vorschein kamen. In diesem Jahr scheint der Anblick im Kleingarten schon völlig normal zu sein, denn Gärtner lernen schnell dazu, wenn es darum geht, etwas Leckeres anzubauen.

Doch wie kommt man in unseren Breiten auf die Sojabohne? Der Grund, warum wir - eine Lehrerin, ein Architekt und eine Journalistin - in unseren beiden Parzellen Soja anbauen, ist kein plötzliches Bekenntnis zur veganen Selbstversorgung. Vielmehr war es der Aufruf zum Sojaexperiment »1000 Gärten«, der unsere Neugierde weckte: Wie viele andere auch hatten wir keinen Schimmer, wie die Pflanze überhaupt aussieht, geschweige denn, was man mit den Bohnen anfangen kann. Hinzu kam der Ansporn, als Hobbygärtner dazu beizutragen, mit Hilfe von regionalem und gentechnikfreiem Anbau von Bio-Soja in Deutschland den Importen aus konventioneller Massenproduktion eine ökologische Alternative entgegenzusetzen. Schließlich waren auch Kartoffeln und Tomaten früher fremdländische Exoten und sind jetzt von unseren Anbauflächen und von unserem Speiseplan nicht mehr wegzudenken.

So wurden wir Teil des »1000 Gärten«-Experiments. Nach unserer Anmeldung erhielten wir Zugang zur Website des Projekts und schon bald lagen die Samentütchen zur Aussaat bereit. Doch das feuchtkalte Frühjahr stellte unsere Geduld auf die Probe. Endlos schien das Warten, bis Mitte Mai der Boden abgetrocknet war und eine Temperatur von zehn Grad Celsius erreicht hatte. Als es dann soweit war, gab es kein Halten mehr. In zwei Zentimetern Abstand wurden die mit Bakterien geimpften Bohnen in die Reihen gelegt, angegossen - und dann hieß es wieder warten. Bereits eine Woche später zeigten sich erste grüne Blättchen. Nicht alle zugleich natürlich, doch schon bald waren auch die Nachzügler »aufgelaufen«, wie das Erscheinen der Keimlinge offiziell heißt. Neben der Dokumentation, welche Sorte wann wie stark aufgelaufen ist, rief uns das auch in Sachen Pikieren in die Pflicht: Die Pflänzchen mussten vereinzelt werden, damit sie sich nicht gegenseitig beim Wachsen behindern.

Nach dem Vereinzeln bleibt bei Sojabohnen erst mal nur das zu tun, was das Schönste am Gärtnern ist, nämlich den Pflanzen beim Wachsen zuzuschauen. Und das tun die Bohnen üppig und scheinbar mühelos. Während es sie andernorts verhagelt oder sie im Regen ertrinken, wachsen sie im rheinländischen Klima munter vor sich hin, selbst die gefräßigen Schnecken verschmähen sie zu unserer Überraschung. Doch das Beste an ihnen ist, dass sie wunderbar aussehen und so buschig-dicht stehen, dass leidiges Unkrautjäten völlig flach fällt. Auch die Nachbarschaft zu Tomaten oder Auberginen scheint den schmucken Pflanzen mit den behaarten Blättern zu gefallen. Allein gegen Reiswanzen ist Soja nicht völlig immun. Auch im Sommer 2017 sind sie wieder ungeliebte Gäste auf den Bohnen, die uns ansonsten keinerlei Arbeit machen.

Das war während des Projekts noch ein wenig anders, mussten doch Schädlinge und alle anderen Ereignisse in der projekteigenen Datenbank dokumentiert werden, auch wenn die genaue Nuance des Blattgrüns mitunter nicht so leicht zu ermitteln war. Das gilt übrigens auch für den Blütezeitpunkt der Bohnen, denn die unscheinbaren, unter den Blättern versteckten Blüten übersieht man leicht. Recht schnell wachsen aus ihnen kleine Schoten heran. Dass diese, unreif geerntet, eine wahre Köstlichkeit sind, wissen meist nur die Fans japanischer Kochkunst. Dank unserer kundigen Lehrerin wissen wir es nun auch - und so ist im August immer Edamame-Zeit im Kleingarten. Statt bzw. zu Wurst vom Grill kochen wir ein paar Handvoll Schoten in Salzwasser und alle haben Spaß daran, die Bohnen aus ihnen »herauszuzuzeln« wie die Weißwurst aus der Pelle.

Wer nicht alle Schoten als Edamame verspeist, wird dann im Herbst mit den reifen Bohnen belohnt: Sind die Sträucher nur noch braunes Gestrüpp, zeigt ein leises Klackern beim leichten Schütteln der Schoten, dass die Bohnen darin trocken und erntereif sind. Je nach Sorte können das zwei bis sechs runde, braune Bohnen sein, die man zu deftigem Eintopf verkochen kann. Und im Frühjahr kann man sie als Saatgut erneut in die Erde bringen - für gesundes, abwechslungsreiches Essen, für bessere Bodenqualität und als Beitrag gegen die Kontrolle des Saatguts durch Großkonzerne.

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