Der Druck auf Katalonien wächst

Lage in der Region beunruhigt die Wirtschaft / Kataloniens Polizeichef wegen »Aufruf« vor Gericht / Spaniens Vertreter bedauert Polizeigewalt

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Madrid. Nach der Zentralregierung in Madrid nehmen nun Teile der Wirtschaft die nach Unabhängigkeit strebenden Katalanen in die Zange. Das Finanzinstitut Banco Sabadell – zweitgrößte Bank in Katalonien – kündigte die Verlegung seines Unternehmenssitzes nach Alicante an. Die CaixaBank – Nummer eins in Katalonien – könnte eine ähnliche Entscheidung am Freitag treffen. Die Ratingagentur Fitch drohte indes, die Kreditwürdigkeit der Region weiter herabzustufen.


In der spitzt sich die politische Krise stetig zu. Nachdem das spanische Verfassungsgericht eine für Montag geplante Sitzung des katalanischen Regionalparlaments untersagt hatte, bei dem die Abgeordneten womöglich die Unabhängigkeit der Region erklären wollten, machte die Parlamentspräsidentin ihrem Unmut Luft.

Carme Forcadell verbreitete am Donnerstag die Botschaft eines Abgeordneten, in der es heißt, nur »das Volk« könne Abgeordnete aus dem Parlament treiben, »nicht die Guardia Civil, nicht das Verfassungsgericht«. Regierungschef Puigdemont verschob seine für Montag geplante Rede über die Folgen des Unabhängigkeitsreferendums um einen Tag, wie ein Sprecher der Regionalregierung am Freitag in Barcelona mitteilte.


Wegen »aufrührerischen Verhaltens« mussten am Freitag vier hochrangige Unabhängigkeitsbefürworter am Freitag der spanischen Justiz Rede und Antwort stehen. Kataloniens Polizeichef Josep Luis Trapero, eine Polizeivertreterin sowie zwei Chefs separatistischer Vereinigungen aussagen. Den Vorgeladenen droht eine Anklage im Zusammenhang mit Demonstrationen in Barcelona am 20. und 21. September.

Die Guardia Civil hatte vor zwei Wochen katalanische Behörden und die Parteizentrale der linksradikalen CUP durchsucht und dabei Millionen Stimmzettel beschlagnahmt sowie 14 Politiker und Beamte festgenommen, um das Referendum zu verhindern. Demonstranten hatten die spanischen Beamten in Reaktion darauf stundenlang eingekesselt. Dies habe die Regionalpolizei »Mossos d'Esquadra«, der Trapero vorsteht, ohne einzugreifen in Kauf genommen. Mossos-Chef Trapero erschien demonstrativ in voller Uniform im Gerichtsgebäude. Ihm drohen wegen seines Ungehorsams 8 bis 15 Jahre Haft.


Und die Wirtschaft reagiert auf Druck an den Börsen: Die Banco Sabadell reagierte mit der ab Freitag beginnenden Verlagerung seines Unternehmenssitzes nach Alicante im Südosten Spaniens auf den Kurssturz an der Börse vom Mittwoch. CaixaBank kündigte für Freitag eine Sitzung des Aufsichtsrats an, bei der über eine Verlegung des Firmensitzes beraten werden soll. Die spanische Regierung hat am Freitag ein Dekret verabschiedet, das Firmen und Banken den Weggang aus Katalonien erleichtert. Demnach reicht künftig eine entsprechende Entscheidung des Aufsichtsrats, um den Ortswechsel zu beschließen, sagte der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos. Eine Gesellschafterversammlung müsse nicht mehr einberufen werden.


Nach der Ratingagentur Standard & Poor’s warnte am Donnerstag auch Fitch, die Kreditwürdigkeit der Region im Nordosten Spaniens könnte herabgestuft werden. Als Grund gab die Agentur »unvorhersehbare Ereignisse« in Katalonien an. Die Kreditwürdigkeit Kataloniens ist bei Fitch bereits auf »BB« abgesunken.


Zur Verhinderung einer Abspaltung Kataloniens könnte die spanische Regierung die Regionalregierung entmachten und ihr die Teilautonomie entziehen. Der Präsident der Region, Carles Puigdemont, sagte der »Bild«, er halte seine Verhaftung durch spanische Behörden für möglich.

Ein Zeichen der Entspannung kam jedoch am Freitag vom Vertreter der spanischen Zentralregierung für Katalonien, Enric Millo. Im Interview mit einem katalanischen Fernsehsender entschuldigte sich dieser für die Polizeigewalt beim Referendum. Er »bedauere« die Verletzungen und bitte im Namen der Polizisten um Entschuldigung, sagte der Vertreter der spanischen Zentralregierung. »Ich weiß dass Menschen Schläge und Stöße abbekommen haben«, so Millo.

Die spanische Regierung hat unterdessen Neuwahlen in der nach Unabhängigkeit strebenden Region Katalonien gefordert. Zur Beilegung der Krise sollten Regionalwahlen abgehalten werden, sagte Regierungssprecher Íñigo Méndez de Vigo am Freitag nach einer Kabinettssitzung. »Es wäre gut, damit zu beginnen, diese Wunde zu schließen.« Agenturen/nd

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