Thüringen: Irritierender Beraterkreis

Umweltministerium will Thema E-Auto an sich reißen

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Wirtschaft in Thüringen hängt stark an der Automobilindustrie - weil deren Zulieferer Zehntausende Arbeitsplätze im Freistaat schaffen. Um diese Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, plant Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund, einen Beraterkreis einzuberufen. Im SPD-geführten Thüringer Wirtschaftsministerium zeigte man sich irritiert über diesen Vorstoß.

Der Beraterkreis solle die oft relativ kleinen Zulieferer dabei unterstützen, sich auf den sich abzeichnenden Umbruch vom benzin- oder dieselgetriebenen hin zum Elektroauto vorzubereiten, sagt die Grünen-Politikerin. Die nächsten etwa zehn Jahre seien für diesen Umbruch eine Übergangszeit.

Diese Zeit müssten die Thüringer Zulieferer nutzen, um auf den Trend zum elektrischen Fahren grundlegend zu reagieren. »Für den Tag, an dem es darum geht, sich umzustellen, sind die Großen vorbereitet«, sagt Siegesmund mit Blick auf die großen Hersteller der Branche. »Die Kleinen sind es nicht.« Zudem würden die Hersteller derzeit auch keinerlei Anstrengungen unternehmen, die Zulieferbetriebe auf dem Weg in die automobile Zukunft mitzunehmen.

Die bisherigen Erfahrungen mit Elektroautos zeigen, dass derartige Fahrzeuge mit deutlich weniger Teilen auskommen als Benzin- oder Dieselfahrzeuge - ergo, dass für E-Autos weniger Teile von insgesamt weniger Zulieferbetrieben benötigt werden als für benzin- oder dieselbetriebe Autos. Durch den Trend zur Elektromobilität werden sich zudem einige Berufsbilder - wie etwa das von Kfz-Mechatronikern - grundlegend wandeln. Siegesmund sagte, deshalb müsse man auch bei der Berufsausbildung schon heute umsteuern. Es dürfe nicht sein, dass junge Menschen heute im Kfz-Handwerk einen Beruf erlernen, den es so in zehn oder zwanzig Jahren nicht mehr gebe. Immerhin müssten diese heute jungen Menschen noch sehr lange arbeiten.

Im SPD-geführten Thüringer Wirtschaftsministerium teilt man zwar grundsätzlich die Sorge, dass im Freistaat viele Arbeitsplätze durch die Hinwendung zum Elektroauto gefährdet sind. »Nach Einschätzungen einiger Branchenexperten könnten durch den Strukturwandel bis zu 50 Prozent der Arbeitsplätze in der Automobilbranche bedroht sein«, sagt ein Sprecher des Ressorts. Wovon allerdings nicht nur Thüringen betroffen sei. »In einer Reihe anderer Bundesländer ist die Situation ähnlich.« Die Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft arbeitet derzeit an einer Tiefenanalyse zu Möglichkeiten der Zukunftssicherung der Automobilzulieferindustrie im Freistaat.

Allerdings zeigte sich der Sprecher irritiert über den Vorstoß von Siegesmund für einen Beraterkreis, der offenbar nicht innerhalb der rot-rot-grünen Landesregierung abgestimmt war. »Dieser Vorschlag ist uns bisher nicht bekannt«, sagte er. Außerdem verstoße er gegen »eine gute und bewährte Arbeitsteilung« zwischen den beiden Ministerien. Danach kümmere sich das Wirtschaftsministerium beim Thema E-Auto unter anderem um die Unternehmen und die Wissenschaft; das Umweltministerium sei für die Kommunen und dabei etwa für die Errichtung von Ladestationen für Elektroautos zuständig.

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