Es ist nicht mehr vorher klar, wer gewinnt
Der deutsche Volleyball ist auf einem guten Weg, das zeigen auch die Verpflichtungen zur neuen Bundesligasaison. Im Nachwuchs fehlt aber noch die Breite
Ein nervender Trainer kann auch mal nützlich sein. Robert Kromm vom deutschen Volleyballmeister aus Berlin hatte die Verpflichtung des jungen Trainers Luke Reynolds im Frühjahr zwar grundsätzlich begrüßt. Aber der 33-Jährige fürchtete auch, dass der Australier mehr Freund als Antreiber werden könnte. Spätestens seit dem vergangenen Wochenende scheint diese Unsicherheit ausgeräumt. »Wir reden über alles. Er fragt oft nach meiner Meinung, und es ist toll, wenn die Meinungen der Führungsspieler zählen. Meine Angst war, dass er dabei zu sehr Kumpel sein würde. Aber er hat in dieser Woche gezeigt, dass er auch Druck aufbauen und Spieler im Training mal nerven kann. Das ist wichtig«, sagte Kromm kurz vor dem Bundesligastart der BR Volleys an diesem Sonnabend in Düren.
Der Großteil der Meistermannschaft ist zusammengeblieben. Trotzdem musste Reynolds in den letzten Tagen offenbar den Schleifer geben, denn die 1:3-Niederlage im Supercup vor Wochenfrist gegen Friedrichshafen hat so einige Schwachpunkte aufgedeckt. »Natürlich gehen wir als Meister in die Saison, und wir wollen sie nicht als Fünfter beenden«, ließ Manager Kaweh Niroomand das Saisonziel etwas vage im Raum stehen, aber dass die Titelverteidigung angestrebt wird, ist unstrittig. Zumal sich der härteste Gegner der Vergangenheit nicht besonders verstärkt hat: »Der Kader von Friedrichshafen lehrt mich nicht das Fürchten. Sie haben einfach schneller zu ihrer Form gefunden und clever gegen uns gespielt, als wir unsere Stärken nicht ausgespielt haben«, so Niroomand, der keineswegs nur einen Zweikampf in der Liga erwartet: »Das wird eine spannendere Saison, weil sich viele Vereine verbessert haben. Es wird nicht mehr schon vorher klar sein, wer ein Spiel gewinnt.«
Lüneburg und Rottenburg haben sich weiter verstärkt, und »sie können allen zumindest in ihren Heimspielen ein Bein stellen«, so Nirromand. Auch die United Volleys Rhein-Main agierten clever auf dem Transfermarkt. Einige junge Talente, die Bundestrainer Andrea Giani im Sommer in die Nationalmannschaft integrierte, spielen ab sofort in Frankfurt zusammen.
Dazu kommt das Experiment der Tirol Alpenvolleys Haching, einer deutsch-österreichischen Kooperationsmannschaft. Niroomand begrüßt den Neuankömmling, vor dem finanziell bedingten Rückzug sei Unterhaching schließlich immer stark gewesen. »Man muss sehen, wie sich das Projekt entwickelt. Sie wollen Unterhaching wieder zum Volleyballstandort machen. Das kann unserer Liga nur gut tun.«
Die BR Volleys holten sich vor allem ein paar weitere Australier und US-Amerikaner ins Team, die die Abgänge von Wouter ter Maat, Felix Fischer, Ruben Schott und Tsimafei Zhukouski ersetzen sollen. Kein Wunder also, dass Niroomand einer bei der Ligatagung in Hannover kürzlich vorgeschlagenen Ausländerregelung derzeit nichts abgewinnen kann. »Ich war absolut dagegen, die einzuführen, ohne ein Nachwuchskonzept zu haben. Wenn wir nicht genügend gute deutsche Spieler in der Masse dahinter haben, verlieren wir nur Qualität«, so Niroomand. Und die besten deutschen Spieler würden weiterhin ins Ausland wechseln, wo sie höhere Gehältern beziehen.
Also schlug Berlins Manager ein koordiniertes Nachwuchskonzept vor, dass alle Vereine in die Pflicht nimmt. Zu viele von ihnen würden sich bislang auf die Arbeit des Verbands und den VC Olympia verlassen, über den das Nachwuchsnationalteam alle zwei Jahre in der Bundesliga mitspielt. Beschlossen ist aber noch nichts.
Grundsätzlich ist die Sportart in Deutschland aber auf einem guten Weg. Erfolge der Klubs im Europapokal und der Nationalmannschaft bei der EM locken zumindest schon ein paar deutsche Altstars zurück in die Liga. Und auch der Weltverband FIVB zeigte am Donnerstag seine Wertschätzung, als er seine neue Nations League ins Leben rief, die bei den Männern die World League und bei den Frauen den Grand Prix ersetzen soll. Deutschland gehört mit beiden Auswahlteams zu den gesetzten Nationen, die nicht absteigen können. Der deutsche Verbandspräsident Thomas Krohne sprach zu Recht von einem »Quantensprung für den deutschen Volleyball«. Immerhin hingen die Männer zuvor seit Jahren in der dritten Liga fest.
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