Deutschland unterstützt beide Seiten
Sanitätsmaterial für Bagdad Waffen für die Kurden
Im Berliner Verteidigungsministerium war man in letzter Zeit immer recht einsilbig, wenn es um das Thema Irak ging. Lapidar hieß es: Deutschland unterstütze diejenigen, die dem Islamischen Staat (IS) militärisch Einhalt gebieten. Man sprach von einem breiten politischen Ansatz und betonte, dass man sowohl den von Bagdad kommandierten irakischen Streitkräfte als auch den militärischen Kräften der »Region Kurdistan-Irak« Hilfestellungen gebe.
Die Realität sah leicht anders aus. Der bislang letzte Transport in Richtung Irak, der am 18. September vom Flughafen Halle-Leipzig gestartet ist, belegt den augenscheinlichen Unterschied. Die Antonow landete zuerst in Bagdad und lud Sanitätsmaterial aus. Anschließend übergab man im kurdischen Erbil die Masse der Ladung. Das war echtes Militärmaterial. Seit 2014 wurden über 2600 Tonnen an die Peschmerga-Truppen geliefert: Sturm- und Maschinengewehre, Panzerabwehrwaffen einschließlich Milan-Raketen, Dingo-Transportpanzer, Jeeps, LKW und jede Menge Munition. Zugleich bildet man im multinationalen Kurdistan Training Coordination Center (KTCC), das unmittelbar am Flughafen Erbil errichtet wurde, Kurden aus.
Das KTCC ist Bestandteil der internationalen »Operation Inherent Resolve« und untersteht dem Central Command (CENTCOM) der Vereinigten Staaten. Laut Bundestagsmandat, das noch bis zum Ende des Jahres Bestand hat, können bis zu 150 Bundeswehrsoldaten entsandt werden.
Die Bundeswehrausbilder teilen sich den Job vor allem mit Soldaten aus Finnland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Norwegen. Bislang wurden mindestens 14 000 Angehörige der kurdischen Autonomie-Armee gedrillt. Mindestens 4500 sind direkt durch Bundeswehrpersonal geschult worden. So jedenfalls lauten die letzten Fakten aus dem Berliner Verteidigungsministerium, die der Linkspartei-Haushälter Michael Leutert im Sommer erfragt hat.
Schwerpunkte sind Schulungen zur Kampfmittel-, Minen- und ABC-Abwehr. Wichtig sei auch die Sanitätsausbildung, denn nach Angaben der kurdischen Regionalregierung vom Jahresbeginn sind seit 2014 bei Kämpfen mit IS-Einheiten über 1600 eigene Soldaten umgekommen und über 10 000 Peschmerga verwundet worden.
Das Berliner Verteidigungsministerium erinnert nachdrücklich daran, dass das deutsche Engagement in Erbil auf Bitten der irakischen Regierung erfolge. Natürlich habe man zu den in Deutschland angeboten Schulungen stets beide Seiten eingeladen und seit 2015 insgesamt 396 Lehrgangsteilnehmer begrüßen können - 82 waren Angehörige der irakischen Streitkräfte und 314 gehörten zu den Sicherheitskräfte der Regierung in der Region Kurdistan-Irak.
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