EU-Staaten haben Steuerbetrug ermöglicht

Untersuchungsausschuss wirft mehreren europäischen Regierungen Komplizenschaft mit Geldwäschern und Steuervermeidern vor / Abschlussbericht vorgelegt

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel. Der Panama-Untersuchungsausschuss hat den EU-Staaten mit Blick auf Steuervermeidung und -hinterziehung ein vernichtendes Urteil ausgestellt. Ein Mangel an politischem Willen in einigen Ländern habe Betrug und Steuervermeidung ermöglicht, befand der Ausschuss am Mittwoch zum Abschluss seiner gut 18-monatigen Untersuchung. Die Notwendigkeit einstimmiger Entscheidungen unter den EU-Staaten in Steuerfragen habe zudem nötige Reformen blockiert.

»Der Ausschuss erhebt eine schwere Anklage gegen europäische Regierungen, die sich über 20 Jahre zu Komplizen von Geldwäschern und Steuervermeidern gemacht haben. EU-Mitgliedsländer haben Steuerdumping für Unternehmen und Vermögende zum Geschäftsmodell gemacht und damit anderen EU-Ländern massiv geschadet«, meinte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. »Zum Nachteil anderer EU-Länder wurden von Banken und Kanzleien in Luxemburg, Großbritannien, Zypern und Malta massenweise Briefkastenfirmen in Panama eingerichtet.«

Im Durchschnitt haben Europas Superreiche laut einer aktuellen Studie Vermögen im Umfang von 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ihrer Länder in Steuoasen auf der ganzen Welt, aber auch in europäischen Ländern wie Zypern und Luxemburg, deponiert.

»Der Untersuchungsausschuss hat klar zutage gefördert, dass Steuertrickserei und Geldwäsche auch ein europäisches Problem sind. Das muss Konsequenzen haben«, meinte der CSU-Europapolitiker Markus Ferber. »Madeira betreibt beispielsweise eine innereuropäische Steueroase unter dem Deckmantel der Wirtschaftsförderung und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Solange die EU dieses innereuropäische Problem toleriert, sind wir international nicht glaubwürdig.«

Der Ausschuss war im Zuge der Enthüllungen um die sogenannten Panama Papers ins Leben gerufen worden. Vor mehr als einem Jahr hatte ein internationales Netzwerk mehrerer Medien darin Geschäfte in der mittelamerikanischen Steueroase enthüllt. Zuletzt wurde einer der enthüllenden Journalistin in Malta durch eine Autobombe ermordet.

Über den Bericht des Ausschusses und daraus folgende Empfehlungen soll nun das Parlamentsplenum im Dezember noch abstimmen. Agenturen/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!