Stark durchwachsene Bilanz

Thüringens Regierungschef verteidigt Einsatz von Steuermitteln zum Reformationsjubiläum

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Erfurt. Vor dem Finale des Reformationsfestjahres haben Vertreter von evangelischer Kirche und Staat sich zufrieden mit dem Ablauf des Festjahres gezeigt. »Die Thüringer Bilanz jedenfalls ist sehr positiv«, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) dem Evangelischen Pressedienst. Er verteidigte dabei auch den den Einsatz von Steuermitteln. Die in den vergangenen Jahren innerhalb der Lutherdekade ausgegebenen 65 Millionen Euro seien »kein Staatsgeld für innere Kirchenangelegenheiten gewesen«, sondern Mittel für den Denkmalschutz und Investitionen in die Infrastruktur an den Originalstandorten, sagte er.

Auch der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) blickt auf ein in seinen Augen gelungenes Erinnerungsjahr zurück. Tatsache ist jedoch, dass sich viele Erwartungen - zum Beispiel an die Teilnehmerzahlen beim großen Kirchentag in Wittenberg sowie bei den sechs sogenannten Kirchentagen auf dem Wege in Leipzig, Dessau-Roßlau, Erfurt, Halle/Eisleben, Magdeburg und Jena/Weimar - nicht erfüllt haben. In Sachsen etwa positionierte sich in diesem Zusammenhang die Linksfraktion im Landtag klar gegen öffentliche Zuschüsse für Kirchenevents. Auch für die aufwendigen kirchlichen Angebote der letzten Monate in der Lutherstadt Wittenberg - etwa die Nationale Sonderausstellung »Luther! 95 Schätze - 95 Menschen« - gab es insgesamt deutlich weniger Interessenten als erwartet.

Nichtsdestotrotz erklärte Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland nach seiner letzten Sitzung vor dem Reformationstag, dem 31. Oktober, das Reformationsjubiläum habe eine »beeindruckende öffentliche Präsenz entfaltet«. Bund, Länder, Kommunen, Zivilgesellschaft und Kirchen hätten Impulse der Reformation aufgenommen und aktualisiert. Unterstrichen wurde zudem das Bemühen, das Jubiläum ökumenisch - also nicht in Abgrenzung zur katholischen Kirche - und international zu begehen.

Bund und Länder haben anlässlich des Reformationsjubiläums vor allem Geld für die Restaurierung authentischer Wirkungsstätten der Reformatoren bereitgestellt. Thüringens Ministerpräsident Ramelow sagte dazu mit Blick auf sein Bundesland, das Geld sei angelegt »in unsere historische Verantwortung, damit Schlösser, Burgen und Kirchen nicht verfallen, dass sie die Menschen dazu anregen, nach Thüringen zu kommen«. In Thüringen liegt unter anderem Eisenach, wo Martin Luther auf der Wartburg die Bibel übersetzte. Die vergangenen Jahre, so der Regierungschef, hätten viele Bürger neugierig auf die eigene Geschichte gemacht. Zwar seien jetzt nicht alle Thüringer gleich Reformationsexperten, doch sei im Land das Verständnis dafür gewachsen, dass »Gotha oder Weimar eben keine x-beliebigen Fürstenhäuser waren, sondern dass hier ein Stück Zeitgeschichte in die Moderne eröffnet wurde«.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, hatte dieser Tage erst die EKD für deren Organisation des Reformationsjubiläums scharf kritisiert. Die anfängliche Idee einer Annäherung von Kirche und Zivilgesellschaft sei leider nicht gelungen, sagte Zimmermann. Das Reformationsjubiläum sei deshalb »weit hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben«, kritisierte er.

Der Geschäftsführer des Spitzenverbands deutscher Kulturvereine sagte, er wolle nicht in Abrede stellen, dass es Aufgabe der EKD gewesen sei, das Reformationsjubiläum inhaltlich zu füllen. »Gerade weil es aber auf sie zulief, hätte ich mir gewünscht, sie hätte ihre Türen geöffnet für Akteure der Zivilgesellschaft«, sagte er. Das sei nicht passiert.

Die Kulturverbände hätten das letztlich gemerkt an der »Grundausrichtung des Reformationsjubiläums auf ein Christusfest, das 500 Jahre nach der Spaltung die heutige Ökumene zwischen Protestanten und Katholiken betonen sollte«. Um dies zu verstehen, müsse man der Kirche bereits tief verbunden sein. »Für den normalen Bürger ist das nicht vermittelbar«, sagte Zimmermann, der selbst der evangelischen Kirche angehört und Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) ist. epd/nd

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