- Politik
- Entsenderichtlinie
Durchbruch für neue EU-Regeln gegen Sozialdumping
EU-Sozialminister verständigen sich auf Reform der Entsenderichtlinie / Lasterfahrer auf Druck aus Osteuropa ausgenommen
Luxemburg. Entsandte Beschäftigte aus einem anderen EU-Land sollen künftig grundsätzlich genauso bezahlt werden wie einheimische Kollegen. Dies ist Teil einer Reform der Entsenderichtlinie, auf die sich die EU-Sozialminister am Montagabend in Luxemburg einigten. Den Durchbruch gab EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen auf Twitter bekannt.
Ziel ist, Beschäftigte besser vor Lohn- und Sozialdumping zu schützen. Deshalb sollen Entsendungen künftig in der Regel nicht länger als zwölf Monate dauern, in Ausnahmen 18 Monate, wie aus Verhandlungskreisen bekannt wurde. Das Transportgewerbe bleibt zunächst von den neuen Regeln ausgenommen.
Die Befristung und die Ausnahmen für Lasterfahrer waren bis zuletzt umstritten gewesen. Die Sozialminister verhandelten noch einmal den ganzen Tag. Über die 2016 von der EU-Kommission vorgeschlagene Reform war mehr als eineinhalb Jahre diskutiert worden. Die Entsenderichtlinie von 1996 regelt den Einsatz von Beschäftigten über Grenzen hinweg in anderen EU-Ländern.
Schon jetzt sind Mindeststandards für diese Beschäftigten vorgeschrieben, etwa die Bezahlung des geltenden Mindestlohns. Gewerkschafter beklagen jedoch Schlupflöcher und Missbrauch. Ausländische Arbeitnehmer würden ausgebeutet und örtliche Sozialstandards damit ausgehöhlt. Nach Angaben der EU-Kommission verdienen entsandte Arbeitnehmer derzeit oft nur halb so viel wie einheimische Beschäftigte. Die Reform soll dies ändern.
Von den Regeln sind europaweit Millionen Beschäftigte betroffen. In Deutschland waren 2016 nach Gewerkschaftsangaben etwa 561.000 Beschäftigte aus Italien, Spanien oder den östlichen EU-Ländern tätig, die meisten nach Regeln der Entsenderichtlinie.
Zwischen den EU-Ländern gehen die Interessen aber weit auseinander. Vor allem Frankreich beharrte auf strengeren Regeln, um einheimische Beschäftigte vor Lohndumping zu schützen. Die osteuropäischen Länder kritisierten, westliche Staaten wollten ihre Arbeitsmärkte abschotten.
ND- Kommentar zur Richtlinie : »Klar ist, die Änderungen gehen in die richtige Richtung. Entsendung bedeutet oft extreme Ausbeutung - und es ist schlicht ungerecht, wenn auf derselben Baustelle für dieselbe Tätigkeit unterschiedliche Löhne gezahlt werden.«
Den Kompromiss trugen letztlich nicht alle Länder mit, er wurde am späten Montagabend mit Mehrheit angenommen, wie es aus Verhandlungskreisen hieß. Die Erklärung soll am 17. November bei einem EU-Gipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den übrigen Staats- und Regierungschefs in Göteborg unterzeichnet werden. In drei Kapiteln und 20 Punkten werden darin soziale Rechte der Europäer aufgeführt, darunter Bildung, Gleichberechtigung, Chancengleichheit, Unterstützung bei der Arbeitssuche, faire Löhne und Sozialleistungen. dpa/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.