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Lindsay Vonn fordert die Männer heraus
Geschlechterkampf oder nur Imagekampagne: Der US-Skistar will ein Abfahrtsrennen gegen ihre Kollegen - und wird dafür heftig kritisiert
Plumper PR-Gag, billige Effekthascherei, albernes »Kasperltheater« - Lindsey Vonn steht vor einer Wand der Ablehnung. Der Plan der Olympiasiegerin, sich bei einer Abfahrt mit den Männern zu messen, sorgt im Weltcup für anhaltend heftige Reaktionen. Auch vor dem Auftakt der Olympiasaison am Wochenende in Sölden ist Vonns Geschlechterkampf Thema - dabei fährt der US-Alpinstar auf dem Rettenbachgletscher gar nicht mit.
Vonn verzichtet wie in den vergangenen vier Wintern auf den Riesenslalom und konzentriert sich auf ihre Spezialdisziplinen Abfahrt und Super-G. Dort fühlt sie sich auch im 34. Lebensjahr noch stark genug für Siege, sogar zu stark für die eigentliche Konkurrenz. »Ich möchte mich in einem Umfeld bewegen, das mich an mein Maximum führt«, sagt sie - deshalb die Idee mit den Männern. Seit fünf Jahren kämpft sie um den Vergleich. »Ich erwarte nicht, dass ich gewinne, das Größte wäre schon, nur die Chance zu bekommen.« Platz 20 hält sie für realistisch.
Bei diesem Gedanken verdrehen nicht nur die Männer die Augen. »Lindsey will nur Aufmerksamkeit«, sagt ihre Teamkollegin Mikaela Shiffrin, »der Geschlechterkampf ist in den USA derzeit ein riesiges Thema - da will Lindsey die Gunst der Stunde nutzen.« Tina Weirather, WM-Zweite im Super-G aus Liechtenstein, meint: »Diese Aktion riecht für mich stark nach PR.« Sie wittert »ein Spektakel ganz im Sinne der Amerikaner«. Olympiasiegerin Anna Veith sagt: »Sie will gesehen werden.« Sie kommt aus Österreich, der Großmacht im Skirennsport, die Vonns Plan am entschiedensten ablehnt. »Die Österreicher halten mich für ein Prinzesschen, die denken, das alles sei ein Witz«, sagt Vonn. Aus Sicht von Hannes Reichelt, 2015 Super-G-Weltmeister, würde sich der Weltcup »zum Kasperltheater« machen, würde er Vonn stattgeben. »Dann kannst du den Damensport gleich abschaffen«, sagt der Athletensprecher.
Der amerikanische Skiverband unterstützt Vonn, er hat einen entsprechenden Antrag beim Weltverband FIS eingebracht. Vonn soll ihren Traum 2018 in Lake Louise verwirklichen können. Die FIS vertagte eine Entscheidung Anfang Oktober auf Mai, Vonn wertet das als Teilerfolg. »Jetzt bewegt sich endlich was«, sagt sie, »ich hoffe, dass ich die Leute umstimmen kann, die denken, es wäre nur eine Show.« Doch ihr ist bewusst, dass sie »gegen all die alten Herren« kämpft, »die selbst nie Teil dieses Sports waren. Sie respektieren nicht, wie viel ich erreicht habe.« Olympia- und WM-Gold, vier Gesamtsiege im Weltcup, 77 Rennerfolge. Doch das ist Vonn nicht genug.
Ihr Antrieb? »Ich will sehen, wozu ich in der Lage bin.« Wenn sie mit Männern trainiere, fahre sie »auf einem anderen Niveau Ski«. Ja, sie habe viel erreicht, »aber ich will noch mehr erreichen. Ich halte ein paar Rekorde, aber nicht alle ...« SID/nd
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