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Einkaufszentrum Nummer 68

Beim Richtfest an der Warschauer Brücke kommt die Senatsbaudirektorin, der Bezirk lässt sich nicht blicken

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ich bin sprachlos«, sagt Senatsbaudirektorin Regula Lüscher (parteilos, für LINKE) am Donnerstagnachmittag beim Richtfest für die East Side Mall. »Wenn man hier herkommt, haut es einen förmlich um.« Knapp 25 000 Quadratmeter Einkaufsfläche, über 6000 Quadratmeter Gastronomie, ein fast 3000 Quadratmeter großes Fitnessstudio, gelegen zwischen Warschauer Brücke und Mercedes-Benz Arena. Willkommen im Rohbau von Berlins Einkaufszentrum Nummer 68. Die Eröffnung soll im Herbst 2018 sein.

Mit seinem Nutzungsmix richte es sich gleichermaßen an die Anrainer im Friedrichshainer Traditionskiez, die Angestellten im neuen Quartier und das Publikum der zahlreichen Freizeitstätten im direkten Umfeld, lässt Lüscher per Presseerklärung verlauten. »Damit wird die Mall entscheidend zur Belebung des Quartiers beitragen«, ist sie überzeugt.

Bauherr ist die FREO Group, nach Selbstdarstellung ein »unabhängiger paneuropäischer Investment-Manager und Entwickler«. Zu den weiteren Berliner Projekten gehört auch die Bebauung der letzten Baulücke am Leipziger Platz 18 und 19. Im Sommer 2016 brachten die Pläne für das Grundstück den damaligen Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) ins Schwitzen. Er befreite den Entwickler aus der Pflicht, neben Büros auch Wohnungen zu errichten - gegen den Rat aus eigenem Hause.

Ein »unglaubliches, gemischtes Quartier« mit einer tollen städtebaulichen Dichte entstehe hier nun, so Lüscher auf dem Richtfest. »Hier ist alles, was Stadt braucht«, glaubt sie. Gemeint ist das »Urban Entertainment Area« - städtisches Vergnügungsviertel, das die US-amerikanische Anschutz Entertainment Group rund um ihre Mehrzweckhalle am Ostbahnhof entwickelt. Zum neuen Quartier gehören rund 2000 Wohnungen, 18 000 Büroarbeitsplätze, mehrere Hotels sowie ein Multiplexkino mit etwa 2500 Sitzplätzen, eine Music Hall und ein Bowlingcenter. Der Onlineversender Zalando wird einer der größten Gewerbemieter sein. Auch hier soll der Großteil im Herbst kommenden Jahres fertig sein.

Herzliche Grüße solle sie auch von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) ausrichten. Dann fällt Lüscher auf, dass kein Vertreter des Bezirks zu der Feierlichkeit gekommen. Das hat Gründe. »Die Zeit der Shoppingcenter ist eigentlich vorbei«, sagt der Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) auf nd-Anfrage. »Im Bezirk sind wir stolz auf gewachsene Strukturen mit Familienbetrieben. Wir brauchen keine Center mit Ketten, die alles normiert und von der Stange anbieten«, erklärt Schmidt weiter. Dieses Projekt sei das traurige Ergebnis der falschen Planungen der Vergangenheit, so der Stadtrat.

Eine »Ufo-Architektur, die sich nicht unbedingt unterordnen will«, nennt Regula Lüscher den Stil des Einkaufszentrums. Dreimal behandelte das Baukollegium den Entwurf, bis er abgesegnet wurde. Die Staatssekretärin ist stolz, dass auch eine Kita in dem Komplex Platz fand.

»Investorenarchitektur in Reinform«, nennt Magnus Hengge von der Kreuzberger Initiative Bizim Kiez das neue Einkaufszentrum. Es sei etwas gebaut worden, das »überhaupt nichts mit den Kiezen der Umgebung« zu tun habe. »Dieses ganze Anschutz-Areal ist ja sehr erschreckend«, sagt Hengge. »Mit den laufenden Projekten wird tatsächlich umgesetzt, was in den Mediaspree-Planungen vorgesehen war.« Nämlich ein Vergnügungsviertel von Treptow bis zum Ostbahnhof, auf beiden Spreeufern. »Natürlich strahlt das auf den Wrangelkiez aus«, so Hengge. Besonders Zalando, das auch die entstehenden Bauten auf der ehemaligen Cuvrybrache an der Schlesischen Straße anmieten will, empfänden viele als Krake. Auf dem Kran, der bald die Richtkrone aufs Dach heben soll, haben es sich massenhaft Stare gemütlich gemacht. Sie kacken fröhlich auf die Festgesellschaft.

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