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SPD will aufarbeiten
Parteiinterne Debatten über kritisches Papier von SPD-Vize Scholz / Schulz kündigt grundlegende Reform der Partei an
Berlin. SPD-Chef Martin Schulz hat eine grundlegende Reform seiner Partei angekündigt. Es gehe nun darum, »das schlechteste SPD-Ergebnis der Nachkriegszeit aufzuarbeiten«, sagte Schulz den Zeitungen der Funke Mediengruppe im Vorfeld des ersten einer Reihe von parteiinternen Dialogforen am Samstag in Hamburg. Unterdessen gab es in der SPD mit Blick auf ein kritisches Analyse-Papier des stellvertretenden Parteivorsitzenden Olaf Scholz Warnungen vor einem internen Machtkampf.
»Wir dürfen nicht so tun, als sei das einfach nur ein Betriebsunfall gewesen«, sagte Schulz mit Blick auf den Ausgang der Bundestagswahl, bei der die SPD auf nur noch 20,5 Prozent abgestürzt war. Seine Aufgabe als SPD-Chef sehe er darin, »die Partei zu reformieren, sie programmatisch und organisatorisch neu aufzustellen« und dabei Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
Für den SPD-Parteitag, der Anfang Dezember in Berlin stattfindet, kündigte der seit sieben Monaten amtierende Parteichef »eine Aufarbeitung der letzten anderthalb Jahrzehnte« an. Es gehe um die programmatische Aufstellung »für eine neue, digitalisierte Welt der Arbeit«, um Verteilungsgerechtigkeit und Partizipation.
Die SPD müsse sich der Sicherheitsfrage zuwenden, forderte Schulz: »Innere Sicherheit, äußere Sicherheit, soziale Sicherheit.« Um die Renten zu sichern, sollten diese stärker aus Steuermitteln finanziert werden.
Zudem kündigte Schulz an, mit den Gewerkschaften über neue Formen der Beschäftigung zu diskutieren. »Wir brauchen zwingend tarifgebundene Arbeitsverhältnisse. Aber es sind Bereiche entstanden, die nicht mehr in die klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Struktur hineinpassen«, sagte der SPD-Chef. »So wichtig das so genannte Normalarbeitsverhältnis ist - die SPD muss auch zur Partei der Selbständigen werden.«
Die vor dem Parteitag geplanten insgesamt acht Dialogforen sollen der Basis Gelegenheit geben, sich mit Mitgliedern der SPD-Spitze auszutauschen. Die Foren finden hinter verschlossenen Türen statt, um offenere Gespräche zu ermöglichen.
SPD-Vize Scholz hatte in seinem am Freitag bekannt gewordenen Papier die Sozialdemokraten gemahnt, nicht länger »Ausflüchte« für die Wahlniederlage zu suchen, sondern sich »strukturellen Problemen« zu stellen. In Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung müsse es der SPD gelingen, »Fortschritt und Gerechtigkeit in pragmatischer Politik« zu verbinden, forderte Scholz weiter. Dabei werde wirtschaftliches Wachstum »eine zentrale Voraussetzung sein, um eine fortschrittliche Agenda zu verfolgen«.
Dies war auch als Kritik des Parteivize an Schulz verstanden worden, obwohl Scholz den SPD-Chef in seinem Papier nicht nannte. Schulz hatte kürzlich mit dem Satz: »Wir müssen wieder Mut zur Kapitalismuskritik fassen« ein Signal für einen Linksschwenk der SPD gegeben.
Allerdings ließ sich aus den Reaktionen auf das Scholz-Papier zunächst kein Flügelstreit ablesen. Der Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD-Rechten, Johannes Kahrs, stellte sich im Berliner »Tagesspiegel« vom Samstag hinter Schulz und warnte davor, »aus der inhaltlichen Diskussion eine grundsätzliche Personaldebatte zu machen«. Inhaltlich könne er aber aus dem Scholz-Papier »viele Punkte so unterschreiben«, sagte Kahrs weiter.
Ähnlich hatte sich zuvor auch der eher dem linken Parteiflügel zugerechnete Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel geäußert. AFP/nd
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