In Kaiserslautern schwindet die Hoffnung
Der Tabellenletzte der 2. Fußball-Bundesliga bitte die Fans um weitere Unterstützung. Mindestens so groß wie die sportlichen Probleme sind die finanziellen Sorgen
Der einst so ruhmreiche 1. FC Kaiserslautern droht nach dieser Saison endgültig in der fußballerischen Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Als Tabellenletzter hat der viermalige Deutsche Meister in der 2. Fußball-Bundesliga bereits sechs Zähler Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz. Die jüngsten Auftritte gegen die beiden Aufsteiger Jahn Regensburg (1:3) und MSV Duisburg (0:1) nahmen selbst hartgesottenen Anhängern die Hoffnung auf eine Trendwende. Vor dem Heimspiel gegen den VfL Bochum an diesem Freitag bat die Mannschaft die Fans in einem offenen Brief weiter um deren Unterstützung.
Das große Lauterer Problem ist: Angesichts der Finanzlage und auch der Strukturen dieses chronisch unruhigen Vereins könnte ein Abstieg aus der Zweiten Liga auch gleichbedeutend mit dem Abschied auf lange Zeit vom Profifußball sein. Denn auf Dauer gäbe es für den 1. FC Kaiserslautern nur zwei Szenarien: »Bundesliga oder Regionalliga.« Das betonte der Lauterer Finanzvorstand Michael Klatt bereits bei der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr.
Welche Folgen konkret ein Abstieg in die 3. Liga hätte, wollte Klatt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur noch nicht beantworten. »Wir hätten für die laufende Saison die Lizenz für die dritte Liga unter Auflagen und Bedingungen erhalten. An dieser Situation hat sich nichts geändert«, sagte der 49-Jährige. »Wir sind aber zuversichtlich, dass wir den Klassenerhalt schaffen.«
Der größte Klotz am Bein des 1. FC Kaiserslautern ist das Fritz-Walter-Stadion - früher der ganze Stolz der Region. Doch der Mythos von der einstigen Festung auf dem Betzenberg passt schon lange nicht mehr zur Realität. Zuletzt gab es sogar Gerüchte über einen möglichen Abriss der WM-Arena von 2006 im Fall eines Abstiegs. Die wurden jedoch vom Verein und vom Kaiserslauterer Oberbürgermeister Klaus Weichel (SPD) sofort dementiert.
Das Stadion war, ist und bleibt jedoch eine große finanzielle Belastung für den Klub. Allein 2,6 Millionen Euro an Pacht zahlt der FCK für die laufende Saison an die städtische Stadiongesellschaft. Und die Kosten für den Unterhalt sowie den Spielbetrieb mit eingeschlossen, müssen vom FCK fast zehn Millionen Euro pro Jahr aufgebracht werden. Problematisch ist zudem, dass der Abstiegsfall in den aktuellen Pachtverträgen nicht vorgesehen ist. Der 1. FC Kaiserslautern müsste also auf ein Entgegenkommen der hoch verschuldeten Stadt Kaiserslautern hoffen. Die wird dem Verein im Fall der Fälle wahrscheinlich Zugeständnisse machen müssen, denn der Fußballklub ist der einzige Mieter dieser für Zweit- oder Drittligaverhältnisse völlig überdimensionierten Arena.
Langfristig betrachtet funktioniert aber selbst das aktuelle Pachtmodell nicht. Die momentane Summe reicht der Stadiongesellschaft nicht einmal aus, um die jährlichen Zinsaufwendungen für die Verbindlichkeiten in Höhe von fast 70 Millionen Euro zu begleichen.
Am Ende könnte ein Abstieg auch die Fans teuer zu stehen kommen. Die Zeichner der im Jahr 2013 aufgelegten »Betze-Anleihe« erwarten im Jahr 2019 ihre Rückzahlung. Doch selbst für den Fall der weiteren Zweitligazugehörigkeit wurde bisher noch keine Lösung präsentiert, wie die Summe von rund sechs Millionen Euro überhaupt zu stemmen sein soll.
Seit der Deutschen Meisterschaft 1998 geht es für den Fritz-Walter-Klub stetig bergab. Der Vorstandsvorsitzende Thomas Gries übernahm den Verein im April 2016 gemeinsam mit Klatt und den Plänen, den taumelnden FCK mit einem finanzstarken Investor zurück in die Bundesliga zu führen. Doch von der anfänglichen Aufbruchstimmung ist schon lange nichts mehr zu spüren. Interne Querelen machten wieder einmal jede Form eines Neuanfangs zunichte.
Ein Investor ist in weiter Ferne. Im Dezember 2016 warf Trainer Tayfun Korkut das Handtuch. Dessen Nachfolger Norbert Meier wurde erst im September durch Jeff Strasser ersetzt. Zudem führten Unstimmigkeiten mit dem Aufsichtsrat im Juni zum Rücktritt von Sportdirektor Uwe Stöver und einer zeitweise peinlichen Nachfolgersuche. Auch dem neuen Sportchef Boris Notzon gelang es offensichtlich nicht, einen konkurrenzfähigen Kader zusammenzustellen. Neben der mangelnden sportlichen Qualität sind es auch große Spannungen im Team, die den Klassenerhalt zu einer Mammutaufgabe geraten lassen. Den Ernst der Lage scheinen einige Spieler noch nicht begriffen zu haben. Die Existenz des ganzen Vereins hängt in dieser Saison am seidenen Faden. dpa/nd
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