Frische Brötchen für die ISS
Bremer Experten tüfteln an krümelfreiem Backwerk für den Einsatz im Weltraum
Malte Gerken schneidet das Brötchen in der Mitte durch. Nicht ein einziger Krümel fällt auf das Brettchen. Zur Probe presst er mit der Hand die Brötchenhälften platt. Wieder kein Krümel. Das ist wichtig. Man sieht es ihm zwar nicht an, aber das Brötchen von Lebensmitteltechniker Gerken in Bremen ist ein besonderes Brötchen - es ist sozusagen ein Weltraum-Brötchen.
Frisch gebackene Brötchen sollen künftig auf der Raumstation ISS aus dem Ofen kommen. Den Entwicklern geht es dabei aber um mehr, als den Speiseplan der Astronauten zu bereichern. Sie haben auch bemannte Missionen zum Mond und zum Mars ins Auge gefasst. »Bake in Space« heißt das Bremer Unternehmen, das das Brot ins All bringen will: vom Anbau des Getreides bis zum fertigen Gebäck. Zunächst sollen die Raumfahrer auf der Internationalen Raumstation ISS Brötchen nur aufbacken. Doch das ist schon Herausforderung genug. Die Brötchen dürfen auf gar keinen Fall krümeln. »Das wäre ein Sicherheitsrisiko«, sagt Sebastian Marcu, der Geschäftsführer von »Bake in Space« ist. Herumfliegende Krümel könnten Geräte auf der Raumstation beschädigen - oder die Astronauten könnten sich an ihnen verschlucken.
Lebensmittelexperten am Technologietransferzentrum in Bremerhaven arbeiten deshalb daran, ein absolut krümelfreies Brötchen zu entwickeln. »Wir arbeiten auf Basis von einem ganz normalen Laugenteig«, erläutert Projektleiter Florian Stukenborg. Etwa 30 verschiedene Rezepturen hat das Team, zu dem auch Malte Gerken gehört, schon getestet.
Fest steht: Der Teig wird auf jeden Fall salziger. »Man schmeckt im All wie im Flugzeug anders«, sagt Stukenborg. Mindestens ein halbes Jahr, besser noch ein ganzes, sollen die Weltraum-Brötchen haltbar sein, da auf der ISS nicht ständig Nachschub geliefert werden kann. Außerdem müssen diese trotz anderer Backbedingungen schön weich bleiben.
Auf der Erde ist ein Backofen Alltagsgegenstand, auf der ISS ist er eine potenzielle Gefahrenquelle. Auf keinen Fall darf Hitze austreten. Diese würde sich auf der Raumstation nicht verteilen, sondern einfach in der Luft stehen bleiben, wie Volker Schmid vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR), das »Bake in Space« unterstützt, erläutert - die Raumfahrer könnten sich daran verletzen. Sie müssen die Brötchen zudem in den noch kalten Ofen legen und dürfen diese erst herausnehmen, wenn dieser abgekühlt ist. Die Backzeit ist also deutlicher länger als auf der Erde, die Temperatur niedriger. Und: »Wenn man keine Feuchtigkeit zuführt, kommt dann so was wie Zwieback heraus«, sagt Matthias Boehme vom Raumfahrtunternehmen OHB. Er hat im Auftrag von »Bake in Space« den Prototypen eines Backofens entwickelt, mit dem die Lebensmitteltechnologen zurzeit ihre Rezepturen testen. Klein ist er, gerade mal drei Brötchen haben darin Platz. Und den Ofen selbst anschalten dürfen die Raumfahrer auch nicht. Sie legen nur die Brötchen in die Röhre. Das Backen wird von der Erde aus gesteuert. Viel Aufwand, nur damit die ISS- Besatzung in ein Brötchen beißen kann. »Das hört sich erst mal banal an«, bestätigt Schmid vom DLR. Für die Raumfahrer sei es aber ein Stück Lebensqualität da oben. dpa/nd
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