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Fehler müssen erlaubt sein
Oliver Kern will eine Chance für den Videobeweis
Eine Testphase ist zum Testen da. Sonst wär es ja keine. Genau in einer solchen befindet sich gerade die Fußball-Bundesliga in Sachen Videobeweis. Das scheinen viele Funktionäre, Trainer, Spieler und Fans zu vergessen, wenn sie sich über Kinderkrankheiten des Systems aufregen. Es gehört nun einmal zu einem Test, jene Fehler zu machen, an die während der Planungsphase einfach niemand gedacht hatte. Das dient übrigens nicht zuvorderst dem Zweck, eine Erfindung gleich wieder abzuschaffen, sondern sie zu verbessern, bis sie möglichst einwandfrei funktioniert.
Trotzdem wagte nun Dieter Hecking folgende Prognose: »Zur Winterpause wird er eingestampft.« Dabei ist der Trainer von Borussia Mönchengladbach einer der wenigen, die nicht über die Kölner Videoassistenten meckern, nur weil die ihre Aufgabe in Verbindung mit den Platzschiedsrichtern hier und da noch nicht komplett fehlerfrei erledigten. Das ist übrigens auch nie beabsichtigt gewesen. Der Videobeweis ist als weiteres Hilfsmittel gedacht - nicht als Allheilmittel. In den meisten Fällen liegen die Referees und ihre Assistenten im Videoraum richtig. Nur redet darüber kaum jemand.
In der kurzen Zeit, in der der Videobeweis bislang eingesetzt wurde, hat er schon zu viel mehr Revisionen von Fehlentscheidungen geführt als die zusätzlichen Torrichter, auf die die UEFA schon acht Jahre lang unverständlicherweise schwört. Der Videobeweis sei »gut für den Fußball«, sagte auch Hecking: »Wir geben aber alle alles dafür, dass er keine Chance bekommt.«
Wer den Videobeweis wegen nostalgischer Erinnerungen an ein angeblich so viel besseres Früher wieder abgeschafft sehen will, der schaue sich mal Europapokalspiele an, in denen er noch nicht getestet wird. Wie oft die Kommentatoren da sagen: »Hier hätte der Videoassistent helfen können«, zeigt nur, dass ein »Make ________ great again!« weder für den Fußball hierzulande noch für die weiße Hegemonie in den USA funktionieren wird.
Fast überall im Sport hat der TV-Schiri Einzug gehalten. Fast überall wurde er zunächst bekämpft, doch nach einer gewissen Zeit haben sich dann fast alle daran gewöhnt. Im Fußball müssen wir darauf wohl noch so lange warten, bis der Videoassistent völlig berechtigt durch sein Eingreifen ein Abstiegsduell entscheidet - oder ein WM-Finale.
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