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Krötenschlucken samt Helm und Gewehr
Die Grünen sind erstaunlich leise geworden, wenn es um Kritik an Bundeswehr und Rüstungsindustrie geht
Die Sondierungen für ein Jamaika-Bündnis sind in der entscheidenden Phase. Zu den aktuellen Themen, die die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen zu besprechen haben, gehören die Verteidigungs- und die Rüstungspolitik. Da geht es zunächst um Geld. Die Union will die Ausgaben für Verteidigung auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen. So lautet der NATO-Beschluss. Die FDP zieht da mit, wenn gleichzeitig mehr Geld für die Entwicklungspolitik ausgegeben wird.
Bislang hatten die Grünen stets gegen dieses Zwei-Prozent-Ziel opponiert. Parteichef Cem Özdemir argumentierte, mehr Geld für Verteidigung mache die Welt nicht sicherer. Doch sind sich die anderen Verhandlungsparteien relativ sicher, die Grünen werden sich nicht verweigern. Erstens sind die Milliarden ja nicht nur für die NATO bestimmt. Die Verteidigungspolitiker der Grünen werden akzeptieren, dass eine Armee, die auch von ihnen mandatierte Auslandseinsätze absolvieren muss, eine ordentliche Ausbildung und Ausrüstung benötigt. Zugleich ist die von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorangebrachte Offensive für mehr Lebensqualität in den Kasernen ein breites Feigenblatt, hinter dem sich bundeswehrkritische Grundsätze tarnen lassen. Es ist nicht anzunehmen, dass sich bündnisgrüne Verhandler gegen die in der Bundeswehr laufende materielle, finanzielle und personelle Trendwende stellen. Als Argument zum Schlucken der Ausgabensteigerung noch wichtiger ist: Die Zielmarke der Zwei-Prozent-Forderung liegt im Jahr 2024, also jenseits der anvisierten Jamaika-Legislaturperiode. Union und FDP können den Grünen also viel Leine geben und sich beim Formulieren eines Koalitionsvertrages mit einem allgemeinen Bekenntnis zur Verteidigungspolitik in einer unsicherer geworden Welt zufrieden geben.
Gerade hat die NATO erwartungsgemäß eine deutliche Verstärkung ihres Afghanistan-Einsatzes bestätigt. 2018 wird die Anzahl der Soldaten von rund 13 000 auf 16 000 steigen. Die Hälfte der zusätzlichen Kräfte werde von den USA gestellt. Und Deutschland? Ursula von der Leyen kann als nur amtierende Ministerin gegenüber den Verbündeten darauf verweisen, dass die Bundeswehr ihre Kräfte erst im vergangenen Jahr aufgestockt hat. Das war zu einer Zeit der Absetzbewegungen. Da die Grünen keinen umgehenden Rückzug aus dem Afghanistan-Abenteuer, das sie als einstiger Koalitionspartner der SPD 2001 mit angezettelt haben, fordern, muss das Thema bei dem Sondierungsgesprächen nicht besprochen und in einem Koalitionsvertrag festgehalten werden.
Das gilt auch für alle anderen Mandate, die deutsche Auslandseinsätze betreffen. Wenn es notwendig war, hat sie der neue Bundestag bereits um drei Monate verlängert. Jamaika kann, wenn diese Regierung überhaupt zustande kommt, im kommenden Jahr alles anders machen.
Ein strittiges Thema könnten die Rüstungsexporte bleiben, mit denen deutsche Konzerne Milliardengewinne einheimsen und die Regierung bislang globale Sicherheitspolitik zu machen glaubte.
Die noch amtierende schwarz-rote Regierung hat sich in den vergangenen Monaten damit gebrüstet, dass die Exporte zurückgefahren wurden. Womöglich werden alle Unterhändler der vier Parteien daran anknüpfen und zufrieden sein, wenn man die unter Rot-Grün formulierten Exportgrundsätze im Zusammenhang mit einer strengeren Beachtung von Menschenrechten in den Empfängerländern betont. Ein Satz zur weiteren Ausgestaltung der Grundsätze, der notwendig sein könnte, damit die Grüne Basis nickt, ist leicht formuliert.
Bleibt das Problem von US-Atomwaffen, die im Rahmen der Nuklearen Teilhabe der NATO auf deutschem Boden stationiert sind und von deutschen Piloten transportiert werden sollen. Einst war die FDP mit den Grünen in einer Atomwaffen-Abzugsfront. Derartige Zeiten der Vernunft sind vermutlich vorbei.
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