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Sexuelle Belästigung in jedem vierten Unternehmen
Umfrage: In 24 Prozent der Firmen in Deutschland werden mindestens einmal im Jahr Übergriffe gemeldet / Führungspositionen stark männlich dominiert
Sexuelle Belästigung ist nicht nur in Hollywood oder in Parlamenten ein Problem: In jedem vierten Unternehmen in Deutschland werden regelmäßig Beschwerden wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gemeldet. Das berichtet »Zeit online« unter Bezug auf eine Umfrage des Frauen-Karriere-Index unter 131 Firmen. Befragt wurden hierfür Personalverantwortliche, Geschäftsführer, Vorstände und Führungskräfte.
Demnach geben 24 Prozent der befragten Unternehmen an, dass Beschwerden über solche Übergriffe mindestens einmal im Jahr – oder häufiger – eingehen. Gar keine Beschwerde haben 37 Prozent der Befragten erhalten. Der Rest machte keine Angabe.
Weiterhin berichtet das Blatt, dass bei jedem dritten größeren Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern bereits ein oder mehrere Mitarbeiter wegen sexueller Belästigung den Betrieb verlassen mussten. Insgesamt passierte das in jedem fünften Unternehmen.
Die Leiterin der Studie, Barbara Lutz, weist jedoch darauf hin, dass jeweils unterschiedliche Fälle als Belästigung gewertet würden. Das ungewollte Auflegen einer Hand auf das Knie einer anderen Person etwa, das den Rücktritt des britischen Außenministers Michael Fallon ausgelöst hatte, wird von 81 Prozent der Firmen für ahndungswert gehalten, der Besuch eines Bordells von 88 Prozent. Ein Pin-up-Kalender wird in 69 Prozent der befragten Betriebe geahndet.
Führungspositionen männlich dominiert
Als Nährboden, auf dem Sexismus am Arbeitsplatz gut gedeiht, gilt auch die Abhängigkeit von Frauen von ihren männlichen Vorgesetzten. Die Zahl der Frauen in Führungspositionen bleibt jedoch sehr gering und wächst nur langsam. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste Index der Organisation »FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte«, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Bei 185 börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen der Privatwirtschaft liegt der Frauenanteil auf der Vorstandsebene bei lediglich 7,2 Prozent.
In den Aufsichtsräten sind hingegen 27,6 Prozent Frauen präsent. Dies entspricht einer Steigerung von nur 1,7 Prozentpunkten seit Anfang des Jahres. Der sogenannte WoB-Index misst seit 2010 den Fortschritt beim Frauenanteil in den Spitzenpositionen der Wirtschaft.
Das Thema Frauen finde bei den Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition in Berlin nicht statt, kritisierte FidAR- Präsidentin Monika Schulz-Strelow. »Mit der Bundestagswahl ist die Gleichberechtigung von der Tagesordnung verschwunden.«
Mehr Frauen in Führungspositionen gebe es fast nur dort, wo dies seit Einführung der Frauenquote von 30 Prozent 2015 Pflicht ist. Bei den über 3500 börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen, die nicht der Quote unterliegen, mangele es dagegen weiterhin an Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils. »Hier müssen CDU, CSU, FDP und Grüne für Fortschritte sorgen«, sagte Schulz-Strelow. ek
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