Neuseeländer retten Schokolade
Tradition in Dunedins wird dank Spenden fortgesetzt
Die 4,7 Millionen Neuseeländer sind ein Volk, das sich ungern von internationalen Konzernen gängeln lässt. Als das US-Unternehmen Mondelez im Februar bekanntgab, dass die Cadbury-Schokoladenfabrik in Dunedin, einer 125 000-Einwohner-Stadt auf der spärlich besiedelten Südinsel, nach 80 Jahren 2018 geschlossen werden sollte, war die Aufregung groß. Die Produktion sollte nach Australien gehen, wo Cadbury andere Fabriken betreibt. 350 neuseeländische Arbeitskräfte hätten ihre Arbeit verloren. Die Einheimischen wollten nicht untätig zusehen. Kurzerhand wurde die Gruppe »Save the Factory« gegründet, die versuchte, die Cadbury-Fabrik für 20 Millionen neuseeländische Dollar (12 Millionen Euro) zu kaufen. Das Vorhaben scheiterte.
Die Gruppe kämpfte jedoch weiter. Mit Hilfe des lokalen Schokoladenherstellers Ocho, der bisher nur ein kleines Geschäft in der Stadt betrieben hatte, wurde eine neue Idee geboren. Ocho produzierte bisher 90 Kilo Schokolade pro Woche auf möglichst nachhaltige Weise: Die Kakaobohnen stammen aus den tropischen Inselstaaten im Pazifik wie Papua-Neuguinea, wo Farmerkooperativen die Kakaobäume anpflanzen.
Die Idee war, dass der kleine Produzent die entlassenen Arbeiter auffangen und sein Geschäft vervielfachen sollte: Statt 90 sollten künftig 400 bis 500 Kilo Schokolade pro Woche produziert werden. Damit das kleine Unternehmen die Expansion schafft, griffen ihm die Neuseeländer unter die Arme. In zwei Tagen sammelten sie per Schwarmfinanzierung zwei Millionen neuseeländische Dollar (1,2 Mio Euro). Damit geht die Schokoladentradition Dunedins weiter und viele entlassene Cadbury-Arbeiter werden bei Ocho einen Job finden. Den Spendern wird diese versüßt: Jeder, der 100 Dollar gab, hat einen Anteil an der Firma erworben und wird 20 Prozent Preisnachlass auf alle Schokoladen auf Lebenszeit erhalten.
Liz Rowe, Eigentümerin von Ocho, bedankte sich: »Wir sind ziemlich aufgeregt und fühlen uns privilegiert, dass 3500 Menschen uns geholfen haben, das Ziel zu schaffen.« Jetzt würden sie sofort loslegen mit der Arbeit. Dem britischen »Guardian« sagte sie, Dunedin sei ein regionales Zentrum in Neuseeland und die Gemeinde wolle nicht zuschauen, wie alle Geschäfte aufgekauft und umgesiedelt würden, sei es in Richtung Nordinsel oder sogar ins Ausland.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Neuseeländer gezahlt haben, um etwas Eigenes zu retten. 2016 kauften sie per Schwarmfinanzierung einen Strand. Damals zahlten 40 000 Menschen. Sie erwarben für zwei Millionen neuseeländische Dollar einen idyllischen Strand auf der Südinsel, der bis dahin in Privatbesitz gewesen war.
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