Die Grenzen des Mehrheitseigentümers

BGH-Urteil

  • Lesedauer: 2 Min.

Gibt es in Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) einen Eigentümer, dessen Stimme mehr Gewicht hat als die aller anderen zusammen, weil ihm die Mehrzahl der Wohnungen gehört? Dass dieser Eigentümer Sie und alle anderen regelmäßig überstimmen kann, ist für Sie und alle anderen Miteigentümer zwar sehr ärgerlich, es ändert aber nichts daran, dass seine Stimme zählt.

Nur ganz ausnahmsweise kann es aber vorkommen, dass die Ausübung dieser Mehrheitsmacht (»Majorisierung«) rechtsmissbräuchlich und die Stimme des Mehrheitseigentümers schon deswegen unwirksam abgegeben ist.

Wann das der Fall ist, hat der Bundesgerichtshof in einem kürzlich veröffentlichten Urteil ausgeführt (BGH vom 14. Juli 2017, Az. V ZR 290/16). Danach ist die Stimme des Mehrheitseigentümers ausnahmsweise unwirksam, wenn die übrigen Wohnungseigentümer so offenkundig und ohne jeden Zweifel in treuwidriger Weise benachteiligt werden, dass der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden kann.

In dem Urteil führen die Richter aus, dass eine solche rechtsmissbräuchliche Ausübung der Mehrheitsmacht nur bei positiven Beschlüssen in Betracht kommt. Ein Beispiel sei die Bestellung einer wegen gravierender Vermögensdelikte vorbestraften Person zum Verwalter, die eine persönliche Nähe zum Mehrheitseigentümer hat. Ist Ihr Mehrheitseigentümer also mit einer vorbestraften Person befreundet, kann er diese Person nicht gegen die Stimmen der anderen Eigentümer zum Verwalter machen. Auch wenn mit seiner Stimme ein Beschluss gefasst wird, der ihm selber offensichtlich unangemessene Vorteile verschafft, ist dies eine rechtsmissbräuchliche Majorisierung.

Die Stimme des Mehrheitseigentümer ist damit bei der Feststellung des Beschlussergebnisses nicht zu berücksichtigen. Haben die anderen Eigentümer gegen den Beschluss gestimmt, ist er nicht zustande gekommen.

Der Beschluss ist damit unwirksam, selbst wenn Sie ihn nicht rechtzeitig vor Gericht anfechten.

Die Ablehnung von Beschlüssen durch den Mehrheitseigentümer ist dagegen in der Regel nicht rechtmissbräuchlich. Ihr Mehrheitseigentümer kann also Beschlussanträge wirksam blockieren. Verhindert er zum Beispiel die Verwalterbestellung trotz drohender Verwalterlosigkeit, dann ist seine Stimmabgabe nicht unwirksam mit der Folge, dass der von der Minderheit gewünschte Verwalter bestellt ist.

Auch wenn der Mehrheitseigentümer entgegen der Regeln einer ordnungsgemäßen Verwaltung eine dringend gebotene Sanierungsmaßnahme ablehnt, ist seine Stimme deswegen nicht automatisch unwirksam.

Sie müssen stattdessen als Minderheit beim Gericht auf Beschlussersetzung klagen. Womöglich können Sie auch Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen. WiE/nd

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