Kein Geld mehr für den Bus

Sozialticket soll in Nordrhein-Westfalen nicht mehr aus Landesmitteln gefördert werden

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit sechs Jahren gibt es in Nordrhein-Westfalen Sozialtickets, die aus Landesmitteln gefördert werden. 2011 wurde das Ticket von der rot-grünen Minderheitsregierung eingeführt. Es sollte dabei helfen, »der Teilhabe aller Bevölkerungsschichten an einem durch Mobilität bestimmten Leben« sicherzustellen. Damit wollen CDU und FDP jetzt Schluss machen. Im Verkehrsausschuss des Landtages kündigte Minister Hendrik Wüst (CDU) an, das Ticket würde in den kommenden zwei Jahren nur noch reduziert gefördert, 2020 soll die Förderung auslaufen. Bisher bezuschusste das Land die Tickets mit 40 Millionen Euro jährlich.

Der CDU-Verkehrspolitiker Klaus Voussem verteidigte die Pläne der Landesregierung: »Unser Schwerpunkt beim Öffentlichen Personennahverkehr liegt in der Verbesserung und im Ausbau der Infrastruktur.« Außerdem hätten die Verkehrsverbünde durch gestaffelte Kürzung der Zuschüsse genug Zeit sich »auf die Veränderungen« einzustellen und es stehe ihnen frei, weiter ein Sozialticket anzubieten. Das wird allerdings ohne die Landesmittel äußerst schwierig.

Arndt Klocke, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag nennt die Entscheidung ein »sozialpolitisches Armutszeugnis«, das er »nicht einmal der CDU zugetraut« habe. Christian Leye, Landesvorsitzender der LINKEN in NRW kritisiert das Vorhaben der Landesregierung und erinnert an das Konzept seiner Partei, das einen solidarisch finanzierten, fahrscheinlosen Nahverkehr vorsieht. Ein solches Konzept sei machbar, »denn immerhin sind schon heute normale Tickets etwa zur Hälfte öffentlich finanziert«, so Leye.

Auch von Menschen, die direkt mit den Nutzern des Sozialtickets zu tun haben hagelt es Kritik. Bastian Pütter ist Redaktionsleiter des sozialen Straßenmagazins »bodo« aus Dortmund. Die »bodo« wird von Wohnungslosen im östlichen Ruhrgebiet verkauft. Pütter nennt das Vorhaben der Landesregierung eine »sozialpolitische Unverschämtheit«. Das Sozialticket kostet bisher 37,80 Euro, im Hartz-IV-Regelsatz sind allerdings nur 26,44 Euro für Verkehr vorgesehen. »Die Vergünstigung ganz zu streichen, ist ein weiteres Zeichen der Entsolidarisierung und der falsche Weg. Die geplante Entscheidung schwächt den öffentlichen Nahverkehr und verteilt gesellschaftliche Lasten weiter von oben nach unten«, fällt Bastian Pütter ein deutliches Urteil zu den geplanten Maßnahmen.

Auch aus der alltäglichen Praxis kann er, da es noch ein Sozialticket gibt, genug Schlechtes berichten: »Wir haben schon jetzt regelmäßig mit Ersatzhaftstrafen zu tun, weil arme Menschen Geldstrafen für Schwarzfahren nicht bezahlen können. Schon einfache, dezentrale Ämtertermine, Verwandtenbesuche oder der kilometerlange Weg von Notübernachtungsstelle zur Suppenküche stellen Menschen vor existenzielle Probleme.«
Harald Thomé vom Erwerbslosenverein »Tacheles« aus Wuppertal sieht die Lage ähnlich wie Pütter. Der Wegfall des »Sozialtickets« wäre »eine große Schweinerei«. Im Gegenteil sei es an der Zeit, das Ticket auszuweiten. Auch für Geringverdiener müsste es möglich sein, das Ticket zu erwerben. Um Druck aufzubauen, plant der Verein eine Demonstration am 9. Dezember.

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