Brosamen statt Strukturförderung
Kritik am Vorpommern-Fonds der Schweriner Landesregierung wächst
Schwerin. Im Nordosten reißt die Kritik am Hilfsfonds für Vorpommern nicht ab: Die oppositionelle LINKE sieht im Fonds ein »Trostpflästerchen«, und auch aus der Regierungspartei CDU gibt es Forderungen nach einer Korrektur. Doch Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) weist alle Kritik zurück. Die Schwerpunktsetzung des Fonds der SPD/CDU-Landesregierung sei genau richtig, sagt er. Es gehe darum, die regionale Identität der Menschen in Vorpommern zu stärken und entsprechende Initiativen unbürokratisch zu fördern, sagte Dahlemann. Bislang seien 470 000 Euro für 37 Projekte verteilt worden. Zuletzt ging Geld an den Tutower Karnevalsverein, der damit eine Ausstellung finanzieren will. Kritik gab es zuletzt an einer Popkonzertreihe mit Adel Tawil und Anastacia in Vorpommern, die mit 30 000 Euro aus dem Fonds unterstützt wird.
Nach Ansicht der Linksfraktion ist der Fonds ungeeignet, die drängenden Herausforderungen im Ostteil des Landes zu lösen. »Die Mittel, die Herr Dahlemann hie und da verteilt, sind lediglich Trostpflästerchen und ungeeignet, Strukturförderung zu betreiben«, sagte die finanzpolitische Sprecherin Jeannine Rösler. »Statt Brosamen aus einem lächerlich bestückten Fonds zu verteilen, müssen Kommunen im ländlichen Raum auskömmlich finanziell ausgestattet sein.« Die LINKE fordert ein 50 Millionen Euro schweres Budget für besonders strukturschwache Regionen.
Der vorpommersche CDU-Landtagsabgeordnete Egbert Liskow sieht vor allem Korrekturbedarf bei der Schwerpunktsetzung des Fonds. »Ich wünsche mir, dass man über den Vorpommern-Fonds mehr strategische und zukunftsweisende Projekte wie Machbarkeitsstudien für Wirtschaftsansiedlungen und weniger Dorffeste fördert.« Dahlemann decke zum Teil einen Bereich ab, der bereits von der Ehrenamtsstiftung des Landes wahrgenommen werde. Dennoch räumte Liskow ein, dass die Verteilung der Gelder durch die bisherige Vergaberichtlinie des Fonds gedeckt sei. Dahlemann habe bei der Förderung eine verhältnismäßig hohe Flexibilität.
Kritik an der Auswahl übte auch der Fraktionsgeschäftsführer der »Bürger für Mecklenburg-Vorpommern«, Matthias Manthei. Kommerzielle Musikveranstaltungen trügen nicht zur wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Entwicklung im Landesteil Vorpommern bei.
Mit 470 000 Euro wurde bislang nur ein knappes Viertel der in diesem Jahr zur Verfügung stehenden zwei Millionen Euro ausgegeben. Doch Dahlemann sieht da kein Problem. »Der Fonds ist seit drei Monaten scharf. Wir liegen mit dem Vorpommernfonds sehr gesund im Zeitplan«, sagte er. Die für 2017 vorgesehenen Gelder würden in das neue Haushaltsjahr übernommen. Damit lägen 2018 neben den geplanten drei Millionen Euro weitere 1,5 Millionen Euro aus diesem Jahr im Fördertopf. Mehr als 200 Anträge lägen bislang zur Bewilligung vor.
Der SPD-Politiker, in den Medien gern als »Vorpommern-Kümmerer« bezeichnet, sieht die Entwicklung der Region auf gutem Weg. Er forderte ein Ende von »rückwärtsgewandten Diskussionen über die Kreisgebietsreform«. Diese Debatten brächten die Region nicht weiter, so Dahlemann. »Wichtig ist, dass wir Ruhe in der politischen Landschaft haben und die Städte und Dörfer stärken, in denen die Menschen zu Hause sind.«
Zuletzt hatte der Wirtschaftsgeograf Helmut Klüter die Wachstumsverluste des von der Kreisreform besonders stark betroffenen Landesostens auf 4,15 Milliarden Euro beziffert. Der Rückzug von Verwaltungen sei ein Grund für das Erstarken von undemokratischer verfassungskritischer Strukturen, so Klüter. In Vorpommern fuhr die AfD die landesweit höchsten Stimmenanteile ein. dpa/nd
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