Kämpfer mit Faust und Feder

Der Hamburger Journalist und Antifaschist Günther Wilke mischt sich auch mit 87 Jahren noch ein - dem Boxen ist er als Reporter bis heute treu geblieben

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Mann ist 87 Jahre alt, aber seine durchdringende tiefe Stimme hat nichts von ihrer Kraft verloren. Überhaupt beeindruckt die Vitalität, mit der Günther Wilke und seine Frau Marianne für den Frieden sowie gegen das Vergessen der Nazi-Verbrechen und gegen rechte Umtriebe kämpfen.

Schon zweimal führte dieses Engagement das seit 65 Jahre verheiratete Paar in die Fanräume des FC St. Pauli, wo beide als Zeitzeugen über die systematische Unterdrückung der Juden im Nationalsozialismus berichteten, die in den Holocaust führte. Der Hintergrund: Marianne Wilke galt laut Rassenideologie der Nazis als »Halbjüdin«, weil sie einen jüdischen Vater hatte. »Vorgestern waren wir im Goethe-Gymnasium in Lurup, am Sonntag erzählen wir unsere Geschichte in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und demnächst sind wir in einer Wilhelmsburger Schule zu Gast«, sagt Günther Wilke, der sich im Sommer auch auf dem Kirchentag in Berlin zu Wort gemeldet hat.

Schweigen ist nicht seine Sache. Wilke ist ein Einmischer mit einer klaren Meinung, der sich auch nicht von Drohungen beeindrucken lässt. »Als wir vor einigen Jahren das Buch über den Widerstand in der Nazi-Zeit in Lübeck veröffentlicht hatten, bekam ich mehrere Anrufe. Einer drohte, mir die Eier abschneiden zu wollen«, erinnert sich der im VVN-BdA engagierte Antifaschist und lacht: »Die sind noch dran.«

Doch nicht nur als Kämpfer für Gerechtigkeit und Frieden hat sich der langjährige Ostermarschierer einen Namen gemacht. Wilke, von 1958 bis 1964 erster hauptamtlicher Redakteur und Leiter der Lokalredaktion des »Wedel-Schulauer Tageblatts«, blieb auch immer mit dem Sport verbunden. Früher hat er in der Schule Schlagball gespielt, dann wurde er Boxer. Dem Faustsport blieb er 40 Jahre lang als Leiter der Boxabteilung des Wedeler TSV treu. Doch seinen Redakteursposten bei seinem späteren Arbeitgeber »Hamburger Abendblatt« quittierte er bald, weil er sich dem Tageszeitungsstress entziehen wollte: »Ich habe viele Kollegen erlebt, die einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt bekamen.«

Wilkes Produktivität hat durch den Wechsel in die Freiberuflichkeit nicht gelitten. Noch heute ist er als freier Journalist unterwegs, erstellt Vereinschroniken und schreibt über Lokalgeschichte. 2009 erhielt er für seine Lebensleistung den Ehrenpreis des »Pinneberger Tageblatts«, 2013 wurde er vom Hamburger Fußball-Verband als dienstältester Sportredakteur geehrt. »Aber zum Fußball gehe ich seit zwei Jahren nicht mehr, nur bei Altona 93 mache ich manchmal eine Ausnahme«, sagt Günther Wilke. Dem Boxen ist er als Reporter bis heute treu geblieben.

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