Ärger um die Subventionen beim Stahl

Es war sicher kein gutes Zeichen, dass unmittelbar vor dem Treffen des globalen Forums zu Stahlüberkapazitäten am Montag der österreichische Konzern Voestalpine vom ersten Neubau eines Stahlwerks in Europa seit etwa 40 Jahren berichtete. Am Standort Kapfenberg in der Steiermark werden demnach 330 bis 350 Millionen Euro in ein Werk investiert, in dem Hochleistungsstähle für die Luftfahrt-, Automobil-, Öl- und Gasindustrie produziert werden sollen, teilte Konzernchef Wolfgang Eder mit, der gleichzeitig Vizepräsident des Weltstahlverbandes ist. Man werde dafür ein veraltetes Werk mit ähnlich hohen Kapazitäten stilllegen.

Trotzdem dürfte ein Neubau in Europa ein internationales Politikum sein und mit dazu beigetragen haben, dass Chinas Vizehandelsminister Li Chenggang auf der Pressekonferenz nach dem von der deutschen G20-Präsidentschaft ausgerichteten Treffen etwas säuerlich erklärte: »Wir wollen eine Situation vermeiden, in der nur China etwas tut und die anderen zusehen.« Li verwies darauf, dass in der Volksrepublik bereits 100 Millionen Tonnen Stahlkapazitäten abgebaut und 201 000 Arbeiter »umgesiedelt« worden seien. Weitere 100 bis 150 Millionen Tonnen sollen bis 2020 hinzukommen.

Dies relativierte dann die Freude über das von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) als Gastgeberin präsentierte Ergebnis, wonach die Teilnehmer einen Bericht mit globalen politischen Handlungsempfehlungen verabschiedet haben. Demnach soll es mehr Transparenz und einen Datenaustausch über die Branche geben. Kapazitäten sollten reduziert, Subventionen abgebaut und faire Bedingungen auf dem Markt geschaffen werden. Vor allem betonte Zypries, dass sich die Teilnehmer einig gewesen seien, dass es sich bei den Stahlüberkapazitäten um ein globales Problem handle, das globale Antworten erforderlich mache.

Aber auch diese Aussage wurde vom US-Vertreter Jamieson Greer relativiert. Auf die grundlegenden Probleme sei bei dem Treffen nicht eingegangen worden, kritisierte er: »Die Märkte müssen funktionieren, Subventionen müssen abgebaut werden.« Einige Länder hätten bisher keine bedeutsamen Maßnahmen ergriffen, sagte Greer zwar anonym, aber in Richtung der Europäer. Deshalb werde Washington nicht zögern, die rechtlich möglichen Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Vermutlich weil man von dem Treffen nicht allzu viel erwartete, war Washington nicht mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer vertreten. Der schickte seinen Stabschef Greer. Damit waren die USA in bester Gesellschaft: Gerade einmal fünf Minister fanden den Weg nach Berlin - dabei gehören die G20-Staaten plus weitere 13 OECD-Länder mittlerweile dem Stahlforum an. Gastgeberin Zypries betonte, das Treffen sei dennoch beschlussfähig gewesen.

Auch für Voestalpine-Chef Eder ist ein Ende für das Stahl-Überangebot nicht absehbar, wobei er auch gegen den in Europa sonst gepflegten Duktus verstieß, dass China der einzige Buhmann auf dem Weltmarkt sei. Eder zufolge gibt es nämlich auch in Europa Überkapazitäten von etwa 30 bis 40 Millionen Tonnen bei der Stahlproduktion. Oftmals regionale Interessen zum Erhalt von Standorten würden nach seiner Einschätzung auch künftig dafür sorgen, dass es noch viele Jahre dauern werde, bis es Ansätze für eine Bereinigung gebe.

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