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Geld für Verwaltung statt für Arbeitslose
Jobcenter verschieben immer mehr Geld weg von Eingliederungshilfen / 2018 stehen schätzungsweise 1.000.000.000 Euro nicht für Fort- und Ausbildung zur Verfügung
Berlin. Bei den Jobcentern werden immer größere Millionensummen von der Eingliederung Arbeitsloser hin zur Verwaltung verschoben. »Für 2018 droht diese Umschichtungssumme, die dann nicht für die Eingliederung der Arbeitslosen zur Verfügung steht, auf eine Milliarde Euro anzuwachsen«, heißt es in einem Brief von Peter Clever von der Hauptgeschäftsführung des Arbeitgeberverbands BDA und Annelie Buntenbach vom DGB-Bundesvorstand an führende Politiker der Bundestagsfraktionen. Buntenbach und Clever führen auch den Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Eingliederung in den Arbeitsmarkt geschieht etwa durch Fort- und Ausbildung und Trainingskurse. Aus dem Verwaltungsbudget der Jobcenter werden Vermittler bezahlt, aber auch Leistungsabteilungen, die Hartz-IV-Bescheide schreiben. Seit 2005 wurden 3,5 Milliarden Euro aus Eingliederungsmitteln zur Deckung von Verwaltungskosten verwendet, wie aus einer Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Allein 2016 wurden 764 Millionen Euro umgeschichtet - 18,4 Prozent der Leistungen zur Eingliederung.
»Seit Jahren reichen die Mittel für die Jobcenter hinten und vorne nicht«, erklärte Buntenbach. »Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit muss ganz oben auf die Tagesordnung einer neuen Regierung.« Bei der derzeit guten Konjunktur gebe es die Chance, verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen. Clever forderte, mit der Verschiebung der Gelder müsse Schluss sein: »Die Jobcenter brauchen genau diese Milliarde mehr für aktive Hilfe.«
In ihrem gemeinsamen Brief fordern Buntenbach und Clever außerdem: »Die Fallzahlen bei Vermittlern und Fallmanagern sind deutlich zu reduzieren, um die Betreuung für Langzeitarbeitslose zu verbessern.« Zudem seien weitere Rechts- und Verwaltungsvereinfachungen und die Bündelung von Sachbearbeitungs-Aufgaben nötig. Clever sagte: »Jede neue Regierung sollte zu einer Neuordnung bereit sein.«
Nach jahrelangen Vorbereitungen hatten Union und SPD 2016 Rechts- und Verfahrensvereinfachungen bei Hartz IV beschlossen. Das Ziel: mehr Zeit für Vermittlung, weniger für Bürokratie. Die Personalräte der Jobcenter kritisierten das Gesetz als unzulänglich.
Zwar sank die Zahl der Langzeitarbeitslosen laut BA binnen eines Jahres um 82.000 auf 862.000, davon 773.000 im Hartz-IV-System. Doch um deren Zahl dauerhaft weiter zu senken, sind laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) eine deutlich mehr Jobcenter-Personal und mehr berufliche Förderung nötig. BA-Chef Detlef Scheele bemängelte zuletzt mehrfach, es gebe zu wenig Geld für die Jobcenter. 2013 hatte die Bundesregierung das Budget gedeckelt.
Clever mahnte: »Aber wir dürften auch nicht einfach viel Geld auf die Probleme werfen.« Nötig sei eine Steuerung der Mittel nach Wirkung und Wirtschaftlichkeit. »Unser eigentliches Ziel ist doch, die Arbeitslosen wirklich in Ausbildung beziehungsweise in Arbeit zu integrieren.« Heute werde nicht systematisch gemessen, welche Maßnahmen am wirkungsvollsten seien - weder bei den von Kommunen und BA gemeinsam betrieben Jobcentern noch bei den Gemeinden, die Langzeitarbeitslose selbst betreuen. Buntenbach machte deutchlich: »Vermittlung in kurzzeitige und prekäre Beschäftigung, die nicht aus dem Teufelskreis heraus führt, darf nicht als Erfolg gewertet werden.«
Die Linken-Fraktionsvize Sabine Zimmermann, die die Anfrage gestellt hatte, forderte: »Schluss mit dem Kahlschlag in der Arbeitsmarktpolitik«. Langzeiterwerbslose, ältere Erwerbslose und erwerbslose Menschen mit Behinderungen hätten nur geringe Jobchancen. Überfällig sei ein Anspruch auf Weiterbildung. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hatte auf dem Arbeitgebertag am Mittwoch eine »bessere, individuelle Förderung« von Langzeitarbeitslosen verlangt.
Eine neue Regierung muss nach Ansicht der Kritiker rasch handeln, auch eine Neuauflage der Großen Koalition. In ihrem Wahlprogramm versprach die Union: »Wir finden uns mit der hohen Zahl von Langzeitarbeitslosen nicht ab.« Qualifizierung und Vermittlung würden deutlich verbessert. Die SPD kündigte an: »Mit dem sozialen Arbeitsmarkt schaffen wir neue Perspektiven für Langzeitarbeitslose, die auf absehbare Zeit keine realistischen Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben.« dpa/nd
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