Sympathie fürs Rechtsradikale
Die rasante Karriere von Doris von Sayn-Wittgenstein
Hannover. Im politischen Machtkampf ist es stets ratsam, ein Ass aus dem Ärmel ziehen zu können. Um das Lager der Regierungswilligen mit ihrem Kandidaten für den Parteivorsitz, Georg Pazderski, zu stoppen, präsentierten die völkischen Nationalisten der AfD eine Personalie, die bundespolitisch bisher keine Bedeutung hatte. Doch über Doris von Sayn-Wittgenstein dürfte in Zukunft nicht mehr nur in Boulevardheftchen zu lesen sein, die sich dem Adel verpflichtet fühlen. Die 63-Jährige düpierte den Berliner Landesvorsitzenden in zwei Wahlgängen. Die Anwältin für Familienrecht könnte eine neue starke Vertreterin der Völkischen in der AfD werden, deren Machtzentrum bisher vor allem in Thüringen und Sachsen-Anhalt liegt.
Ihre Heimat ist indes der hohe Norden. Sayn-Wittgenstein zog es 2016 von Baden-Württemberg nach Schleswig Holstein, zu dieser Zeit trat sie auch der Rechtsaußenpartei bei. Ihre politische Karriere entwickelte sich rasant: Nach nur etwas über einem Jahr im Landesvorstand, stieß sie auf einem Parteitag im Juli 2017 den damaligen Parteichef Jörg Nobis vom Thron. Mit Kampfkandidaturen hat die Fürstin also Erfahrung. Als neue Landeschefin und Abgeordnete des Kieler Landtags zeigte Sayn-Wittgenstein schnell, wie radikal sie tickt. Den Wahlkampf bestritt sie mit der Losung »Heimat statt Multi-Kulti«, gegenüber den rechtsradikalen Identitären hegt sie Sympathien. Endgültig ins Herz der Völkischen wurde sie mit der auch in Hannover vorgetragenen Erzählung geschlossen, ihr später Parteieintritt habe damit zu tun, dass sie mit der einst von Bernd Lucke gegründeten AfD nicht viel anzufangen wusste. Das kann man so interpretieren: Erst als rechtsradikale Positionen in der Partei zur Selbstverständlichkeit wurden, fand Sayn-Wittgenstein zu ihrer politischen Bestimmung. rdm
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