Italiens Rechte auf dem Vormarsch

Drohungen, Einschüchterungen und Brandsätze: Neofaschistische Skinheads setzen auf Gewalt

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Überfall von Skinheads auf ein soziales Zentrum, der Wahlerfolg von CasaPound in Ostia - die Neofaschisten Italiens sehen sich gestärkt und im Vormarsch. Wahlerfolge nationalistischer Strömungen wie der Front National in Frankreich, Fidesz in Ungarn, der PiS in Polen oder der deutschen AfD beflügeln die Rechtsextremen auch in Italien. Zumal sie von durchaus etablierten Parteien mehr oder weniger Unterstützung erhalten. Mehr von der Lega, eher weniger und mit einigen Bedenken von Forza Italia.

Der einigende Faktor von extremen und moderaten rechten Parteien ist die Fremdenfeindlichkeit und die Angst vor Flüchtlingen. Die Stimmung in Italien beginnt umzuschwenken: Von der Aufnahmebereitschaft zu Beginn dieses Jahrzehnts in den Status der Überforderung und Ohnmacht. Nicht zuletzt trägt die ausbleibende Solidarität der EU dazu bei, dass man auch in Italien zur Flüchtlingspolitik erklärt: Es reicht.

Erst in der vergangenen Woche hatte ein Trupp der »Veneto Fronte Skinheads« eine Versammlung der Bürgerbewegung »Como ohne Grenzen« überfallen und dort eine Erklärung verlesen. Darin hieß es, man müssen endlich »Schluss machen mit der Invasion der Fremden« und Organisationen, die »weiter an der Zerstörung Italiens« wirkten, auflösen. Die Drohung war deutlich, die paramilitärisch gekleideten Skinheads strahlten alles andere als Vertrauen und Freundlichkeit aus.

Entsprechend groß war die Empörung der demokratischen Öffentlichkeit, und erstaunlich die Reaktion der rechten Parteien. Matteo Salvini, Chef der Lega, erklärte, »Schuld haben doch nicht die vier, fünf Jungs. Schuld allein ist die zügellose Immigration, die von bestimmten linken Kräften in Italien organisiert wird und für soziale Spannungen sorgt.« Roberto Maroni, sein Vorgänger im Parteiamt und vormals Innenminister sowie aktuell Gouverneur der Lombardei, kritisierte den Vorfall von Como und wurde postwendend von Salvini abgebügelt: »Maroni macht eine gute Arbeit als Gouverneur, er sollte auch bei diesem Metier bleiben und sich nicht in andere Dinge einmischen.«

Matteo Renzi, Sekretär der Demokratischen Partei, verurteilte Salvinis Kommentar scharf: »Gegen Skinheads, die sich rassistisch äußern, die Shoah leugnen und den Faschismus verherrlichen, muss man juristisch vorgehen.« Selbst Lega-Gründer Umberto Bossi warnte Salvini davor, Stimmen der Rechtsextremen für die kommenden Wahlen fischen zu wollen.

Bei den Kommunalwahlen in Ostia vor den Toren Roms konnte ein Sieg der neofaschistischen CasaPound nur eben noch abgewendet werden. Der Sprecher der rechtsextremen Organisation, Simone Di Stefano, erklärte: »Wir sind die Erben des Faschismus, der Republik von Salo, der MSI, und wir sind stolz darauf.« CasaPound konnte Wahlerfolge nicht nur in Ostia, sondern auch in Bozen, Lucca und Lamezia Terme verzeichnen. Dabei gingen die Auseinandersetzungen nicht gewaltfrei ab: In Ostia wurden Brandsätze auf den Parteisitz der Demokratischen Partei geworfen, es kam zu Schießereien in den Straßen.

Justizminister Andrea Orlando von der Demokratischen Partei reagierte auf die jüngsten neofaschistischen Provokationen. Die »Veneto Fronte Skinheads« sei eine paramilitärische Organisation mit verfassungsfeindlichen profaschistischen Inhalten und daher sofort aufzulösen. Die rechtlichen Grundlagen dafür reichten aus, so der Minister. Reaktion sei dringend erforderlich, andernfalls sich die Rechtsextremen weiter auf den Vormarsch begeben würden.

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