- Politik
- Streit um Jerusalem
Fatah ruft zu weiteren Protesten auf
Arabische Liga fordert Rücknahme der US-Entscheidung / Zwei Tote bei Luftangriff auf Hamas-Stellung im Gazastreifen / Zehn Festnahmen nach Demo in Berlin verbrannt
Ramallah. Nach der Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump hat die gemäßigte Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu weiteren Protesten gegen Israel aufgerufen. Die Palästinenser sollten die »Konfrontation aufrechterhalten und auf alle Punkte ausweiten, an denen die israelische Armee präsent ist«, hieß es in dem am Samstagabend veröffentlichten Aufruf. Die Arabische Liga forderte die USA derweil zur Rücknahme ihrer umstrittenen Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels auf.
Als weiteres Zeichen des Protests gegen die US-Entscheidung sagte Abbas am Samstag zudem ein Treffen mit US-Vizepräsident Mike Pence ab. Auch das Oberhaupt der Kopten in Ägypten, Papst Tawadros II., sagte ein geplantes Treffen mit Pence in Kairo ab.
Am Mittwoch hatte Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und angekündigt, die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin zu verlegen. Dies führte zu Empörung in der arabischen Welt und scharfen Protesten auf palästinensischer Seite. Die radikalislamische Hamas und der Islamische Dschihad erneuerten am Samstag ihre Aufrufe zu einer neuen Intifada.
Am Sonntag ist bei einer Messerattacke in Jerusalem ein Israeli schwer verletzt worden. Ein Polizeisprecher teilte mit, es handele sich um einen Anschlag am zentralen Busbahnhof. Der offenbar palästinensische Attentäter sei »außer Gefecht gesetzt« worden. Nach israelischen Medienberichten handelte es sich bei dem Opfer um einen Wachmann. Er habe eine Stichverletzung am Oberkörper erlitten, teilte der Rettungsdienst Magen David Adom mit.
Am Samstag starben zwei Palästinenser bei israelischen Luftangriffen auf eine Stellung des bewaffneten Hamas-Arms im Gazastreifen. Die israelische Armee erklärte, die Luftangriffe seien die Vergeltung für Raketenangriffe auf Israel aus dem von der Hamas kontrollierten Gebiet.
Bereits am Freitag waren zwei Palästinenser bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten und Polizisten getötet worden. Bei den drei palästinensischen Raketenangriffen wurde nach israelischen Angaben niemand verletzt.
Die israelische Armee teilte am Samstag mit, es habe an rund 20 Orten im Westjordanland und im Gazastreifen »gewaltsame Ausschreitungen« gegeben. Soldaten hätten drei Palästinenser leicht verletzt. Dem palästinensischen Roten Halbmond zufolge wurden dagegen im Westjordanland 171 und im Gazastreifen 60 Menschen verletzt. Laut israelischer Polizei wurden vier Polizisten leicht verletzt, 13 Demonstranten seien festgenommen worden.
Proteste auch in Berlin, Paris und Kuwait
Trumps Entscheidung löste auch in anderen Ländern heftige Proteste aus. Zehntausende Menschen gingen in muslimischen und arabischen Ländern auf die Straße, darunter Jordanien, der Türkei, Pakistan und Malaysia.
Gegen die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels haben am Freitag in zwei Demonstrationen rund 1200 Menschen vor dem Brandenburger Tor in Berlin protestiert. Nachdem zwei Israel-Flaggen verbrannt wurden, werde unter anderem wegen der Verletzung von Hoheitszeichen ausländischer Staaten ermittelt, teilte die Polizei am Sonntag mit. Demonstranten hätten außerdem versucht, die Absperrung zur US-Botschaft zu durchbrechen. Ein Polizist habe dabei eine leichte Handverletzung erlitten. Zehn Personen seien festgenommen worden.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber reagierte empört auf die Aktion: »Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sind ein hohes Gut. Wer aber die israelische Flagge oder Davidsterne verbrennt, tritt die Werte unserer Gesellschaft mit Füßen. Die Sicherheit Israels ist Teil unserer Staatsräson«, betonte der Politiker auf Twitter.
Die erste Demonstration am Brandenburger Tor richtete sich gegen die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels. Sie verlief nach Polizeiangaben friedlich. Größere Ausschreitungen ereigneten sich dort anschließend bei der zweiten Demo gegen die Verlegung der US-Botschaft. Die Veranstalter hätten 500 Teilnehmer erwartet, die Menge sei jedoch sehr schnell um mehrere hundert Menschen angewachsen, darunter auch Vermummte, sagte eine Polizeisprecherin.
Nach einem Video des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus wurden auf der Demonstration antisemitische Parolen gerufen und eine Flagge der radikal-islamischen Bewegung Hamas gezeigt.
Am späten Abend protestierten zudem spontan mehrere hundert Menschen in Berlin-Neukölln. Die Demonstranten versammelten sich am Hermannplatz und liefen einige hundert Meter bis zur Reuterstraße, dort löste sich die Menschenmenge aber auf, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Zahlreiche Einsatzkräfte waren im Einsatz, mussten den Angaben zufolge aber nicht eingreifen. Die Demonstration war nicht angemeldet gewesen, weshalb die Polizei gegen etliche Teilnehmer wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt.
Auch vor dem US-Konsulat in Hamburg hatten sich am Freitagabend rund 200 Demonstranten zu einer Kundgebung unter dem Motto »Nein zur Hauptstadt Jerusalem« versammelt.
In Frankreich demonstrierten am Samstag hunderte Menschen gegen einen Besuch von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag in Paris. In der französischen Hauptstadt versammelten sich rund 400 propalästinensische Demonstranten, wie eine AFP-Journalistin berichtete. Kleinere Proteste gab es auch in Lyon und Lille.
In einem seltenen Protest gingen auch in Kuwait am Samstag Menschen gegen Trumps Entscheidung auf die Straße. Die Behörden genehmigten die Kundgebung vor der palästinensischen Vertretung in Kuwait-Stadt, verboten aber eine weitere vor der US-Botschaft. Bei dem Protest wurde ein »Fahndungsplakat« mit dem Konterfei Netanjahus verbrannt und niedergetrampelt.
Arabische Liga fordert Rücknahme der US-Entscheidung
Die Arabische Liga forderte die USA zur Rücknahme ihrer umstrittenen Entscheidung auf. Die USA müssten die Entscheidung zurücknehmen, zugleich müsse die internationale Gemeinschaft einen Palästinenserstaat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt anerkennen, hieß es in einer am frühen Sonntagmorgen veröffentlichten Resolution der Liga, die nach einer Dringlichkeitssitzung in Kairo verabschiedet wurde.
Das Gremium kündigte zugleich an, den UN-Sicherheitsrat für eine Resolution anrufen zu wollen, in welcher die US-Entscheidung als Verletzung internationalen Rechts verurteilt werden solle. Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York waren die USA am Freitag weitgehend isoliert. AFP/nd
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