Vermieten, um zu wohnen

Nicolas Šustr über die Folgen der Verdrängung

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.
»Den genehmigungsfreien Zeitraum für die Vermietung als Ferienwohnung haben wir nicht wegen der Werbung von Airbnb eingeführt, sondern weil die Berliner das so wollen«, erklärt Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) bei der Vorstellung des Senatsentwurfs für die reformierte Zweckentfremdungsverordnung.

Das mag man zunächst glauben oder nicht, denn tatsächlich war die Kampagne des milliardenschweren Internetkonzerns massiv. Allerdings lässt es dann schon aufhorchen, wenn der Berliner Mieterverein sogar will, dass Wohnungen bis zu drei Monate pro Jahr für Feriengäste untervermietet werden dürfen, allerdings nach Genehmigung.

Wegen der rasant steigenden Mieten in der Hauptstadt können Geringverdiener ihre Wohnungen in Innenstadtlagen immer öfter nur noch durch die lukrative Untervermietung an Gäste aus aller Welt überhaupt noch halten. Die drohende Verdrängung führt zu einer weiter fortschreitenden kommerziellen Durchdringung aller Lebensbereiche. Dem Teufel der Spekulation wird versucht, mit dem Beelzebub der kapitalistischen Mobilisierung des engsten Lebensbereichs zu begegnen.

Airbnb stellt das in seiner Kampagne als eine Art Hilfe zur Selbsthilfe dar. Das passt zu der hochgradig pervertierten Sharing Economy, die sich als nachhaltiges und zwischenmenschliche Kontakte förderndes Heilsversprechen stilisiert. »Wir leben bis zum Hals im Kapitalismus. Das ist das Problem«, diese pointierte Analyse lieferte Lompscher selbst bei einer Veranstaltung im März im SO36 in Kreuzberg. Der Berliner Mitte-Links-Senat wird das auch nicht im Alleingang auflösen können, selbst wenn es alle Mitglieder wollten.

Und so muss die verdrängungsbedrohte Bevölkerung eben sehen, wie sie sich durchwurschtelt. Solange der Bund keinen ernsthaften Mieterschutz durchsetzt, wird es bei unbefriedigenden Notlösungen bleiben.

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