Hoffnung auf ein Ende der Eiszeit
Griechenland blockiert seit Jahren NATO-Beitritt und EU-Annäherung Mazedoniens - wegen des Namensstreits. Nun zeichnet sich Versöhnung ab
Geschlagene 23 Jahre ringt der betagte US-Diplomat Matthew Nimetz mit zwei starrköpfigen Balkannachbarn um ein Wort. Doch nun könnte sich die scheinbar unendliche Mission des 78-Jährigen doch noch dem Ende zuneigen. Der Streit zwischen Skopje und Athen um den Landesnamen Mazedoniens »kann und muss nächstes Jahr gelöst werden«, so Nimetz.
Der geduldige UN-Vermittler hofft auf eine baldige Einigung seiner streitbaren Stammkunden. Das Klima für eine Lösung des Konflikts habe sich sowohl in Mazedonien als auch in Griechenland merklich »gebessert«.
Seit der im Jahr 1991 erklärten Unabhängigkeit Mazedoniens liegen die beiden Nachbarn im verbissenen Namensstreit. Wegen der Furcht vor etwaigen Gebietsansprüchen Skopjes will Athen die Nachbarn mit dem Verweis auf die griechische Region Makedonien zu einer Namensänderung zwingen.
Auf Druck Athens und Brüssels nahm Mazedonien bereits 1992 den Verzicht auf jegliche Gebietsansprüche in die Verfassung auf und ersetzte 1995 den von Griechenland beanspruchten Stern von Vergina durch eine stilisierte Sonne auf der Landesflagge. Doch obwohl das Land wegen Athen seit 1993 in internationalen Organisationen unter dem sperrigen Namensprovisorium der »Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien« (FYROM) firmiert, lastet der unselige Namensstreit wie ein Fluch auf der sensiblen Nachbarschaftsehe: Athen sitzt dabei als EU- und NATO-Mitglied am längeren Hebel.
Nachdem Athen 2008 den erwarteten Nato-Beitritt Mazedoniens als FYROM überraschend blockiert hatte, verschlechterten sich die Beziehungen rasch. Unter der Ägide des rechtspopulistischen Premiers Nikola Gruevski setzte Mazedonien fortan bewusst auf eine Politik der nationalistischen Provokation. Nicht nur Flughäfen und Autobahnen wurden zum Ärger Athens nach Alexander dem Großen benannt, sondern auch Skopje mit unzähligen Denkmälern antiker Helden zugestellt. Die Nachbarn pflegten seitdem vor allem per Protestnoten zu kommunizieren. Und seit 2014 standen die Verhandlungen über den Namensstreit praktisch still.
Doch der Machtwechsel in Skopje und der seit Juni amtierende, sozialdemokratische Premier Zoran Zaev haben für neue Bewegung auf der Dauerbaustelle und ein Tauwetter in den Beziehungen mit allen Nachbarn Mazedoniens gesorgt.
Gleichzeitig scheint auch in Brüssel und Washington das lange völlig entschlummerte Interesse am labilen Vielvölkerstaat wegen der Furcht vor einem Verstärken des Moskauer Einflusses auf dem Balkan neu erwacht.
Nach der Wiederaufnahme der drei Jahre lang unterbrochenen Verhandlungen in dieser Woche wird in der griechischen und mazedonischen Presse bereits der Ausdruck »Neues Mazedonien« als vermeintliche Kompromissformel im Namenszwist kolportiert.
Doch ob Ober-, Nord- oder Neumazedonien - Vermittler Matthew Nimetz bleibt Realist und kündigt für Januar, Februar und März intensivierte Verhandlungen in New York an: »Nach so vielen Jahren gibt es keinen neuen magischen Namen. Ein schwieriges Problem lässt sich nicht mit dem Zauberstab, sondern nur mit harter Arbeit, guter Diplomatie - und politischem Willen lösen.«
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