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Baskenland blickt »neidisch« auf Katalonien
Sechs Jahre nach dem Ende der Untergrundorganisation ETA wird auf einen Prozess wie in Katalonien gesetzt
Nirgends wird der katalanische Unabhängigkeitsprozess so solidarisch verfolgt wie im Baskenland. Es gab schon drei Großdemonstrationen mit bis zu 50 000 Teilnehmern in Bilbao, kleinere Demonstrationen, Kundgebungen und Menschenketten in baskischen Städten und Dörfern. Wenn aus Protest gegen Verhaftungen in Girona, Tarragona oder Barcelona nachts lärmend auf Töpfe geschlagen wird, stehen auch im Baskenland viele Menschen auf Balkonen oder an den Fenstern.
Katalonien ist Vorbild für viele hier, wie die Unabhängigkeit erreicht werden kann. Aber es ist auch Ernüchterung zu spüren, nachdem der spanische Staat über den Paragraphen 155 die katalanische Regierung und die Autonomie ausgehebelt und Regierungsmitglieder inhaftiert oder ins Exil gedrängt hat. Auch der Generalsekretär der baskischen Linkskoalition »EH Bildu« (Baskenland vereinen) sieht eine »gewisse Besorgnis« vor den Zwangswahlen am kommenden Donnerstag in Katalonien. Arnaldo Otegi meint, man müsse sich auf einen »langen Prozess« einstellen. Auch EH Bildu wird am Wochenende in Barcelona an einem internationalen Kongress teilnehmen, um eine internationale Solidaritätsbewegung für die »Katalanische Republik« zu schaffen.
»Der katalanische Prozess macht uns neidisch, denn er zeigt, dass ein breiter, demokratischer und friedlicher Prozess an die Tür der Unabhängigkeit führt«, erklärt Gorka Elejabarrieta dem »nd«. Der Verantwortliche für internationale Angelegenheiten der Linkspartei Sortu (Aufbauen), die treibende Kraft in EH Bildu, sieht im katalanischen Prozess die »eigenen Thesen« bestätigt. Gemeint ist auch die Abkehr von Gewalt. Die linke Unabhängigkeitsbewegung hier hatte Druck auf die Untergrundorganisation ETA ausgeübt, damit sie den bewaffneten Kampf für ein unabhängiges, vereintes und sozialistisches Baskenland aufgibt. Das geschah vor gut sechs Jahren und inzwischen hat die Zivilgesellschaft die ETA sogar entwaffnet.
»Wir sollten zwischen Kugeln und Wählerstimmen wählen, wurde uns immer wieder erklärt«, fügt Elejabarrieta an. »In der Demokratie könne jedes Projekt vorangetrieben werden, wenn es friedlich vorgebracht werde.« Doch man habe stets gewusst, dass dies eine »Lüge« gewesen sei, fügt der Auslandsprecher an. Er verweist auf die Repression in Katalonien, wo sogar friedliche Referendumsteilnehmer brutal zusammengeprügelt wurden. »Der Grund für den Konflikt war nicht die ETA, sondern die Unmöglichkeit der Nationen im Staat ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben zu können.« Das habe der friedliche und partizipative Prozess in Katalonien sehr deutlich gezeigt. »In Spanien können weiterhin, anders als in anderen Staaten der EU, nicht alle Projekte und Ideen vertreten werden«, erklärt er mit Blick auf Großbritannien und das Unabhängigkeitsreferendum in Schottland.
Katalonien habe auch gezeigt, was der »Staat der Autonomien« real bedeute. Es sei möglich, die Autonomie über Nacht durch ein Fax außer Kraft zu setzen. Da es für die Katalanen, anders als für Schotten, unmöglich war, sich auf ein Vorgehen mit Spanien zu einigen, blieb nur der einseitige Weg. Doch auch der sei an die Grenzen spanischer Repression gestoßen. »Doch Katalonien zeigt, dass es nur einen Weg gibt: Zusammenballung der Kräfte«, meint nicht nur Elejabarrieta. Nur darüber könnten die Hindernisse überwunden werden, die Spanien aufstelle.
Den Basken ist klar, dass es einen breiten zivilgesellschaftlichen Prozess geben muss, um zur Unabhängigkeit und zu einer wirklichen Demokratie zu kommen, in der dann die soziale Frage gestellt werden könne. Hoffnungen, dass dies in Spanien möglich werde, machen sich hier wenige. Dass auch die spanische Sozialdemokratie den Artikel 155 unterstützen, zeige das deutlich. Auch das Verhalten von »Podemos« (Wir können es) sei »enttäuschend«, meint auch Iratxe Aizpurua, die die spanische Linkspartei zuletzt gewählt hat.
Sie engagiert sich in »Gure Esku Dago« (Es liegt in unserer Hand). Die Organisation mobilisiert seit Jahren parteiübergreifend die Basken und steht auch hinter den Solidaritätsdemonstrationen mit Katalonien. Wie der Sortu -Sprecher hofft auch die junge Studentin, dass Katalonien gestärkt aus den Wahlen am Donnerstag hervorgeht, die Bewegung nach der Sitzmehrheit nun eine Stimmenmehrheit erhält. »Dann muss man sich in den europäischen Hauptstädten und in Brüssel bewegen und für die Demokratie intervenieren«, hofft Aizpurua darauf, dass Spanien gezwungen wird, ein Referendum in Katalonien zu erlauben.
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