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Baukonzerne dürfen Paris plündern

Französischer Rechnungshof kritisiert Öffentlich-Private-Partnerschaften

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.
In Zeiten leerer Kassen und strenger Sparzwänge fällt es Staaten immer schwerer, Mittel für neue Immobilien und Infrastrukturen aufzubringen. Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) erscheinen den Politikern da als ein günstiger Ausweg. Dass dabei die Steuerzahler aber langfristig über Gebühr zur Kasse gebeten werden, machte in der vergangenen Woche ein Bericht des französischen Rechnungshofs deutlich. Dieser zeigt, dass vor allem im französischen Justizministerium falsch gerechnet wurde.

Der Bericht kommt zu dem diplomatisch formulierten Schluss, dass sich das Ministerium in das »Risiko einer budgetären Sackgasse« manövriert habe. Mit seinen über das ganze Land verstreuten Gerichtsgebäuden und Gefängnissen ist es verantwortlich für 16,4 Prozent aller dem Staat gehörenden Immobilien, hat aber nur einen Anteil von drei Prozent am jährlichen Staatshaushalt. Da dieses Geld fast restlos für Gehälter, laufende Kosten und Unterhaltung der Gebäude gebraucht wird, reicht es selten, um auch noch in neue Bauten zu investieren. Die werden aber dringend gebraucht, denn viele Gerichtsgebäude stammen noch aus der Zeit vor der Revolution von 1789 und werden den heutigen Anforderungen längst nicht mehr gerecht.

Darum haben die Justizminister seit 2006 mehr als ein Dutzend Mal auf ÖPP-Modelle gesetzt. Aber in der Praxis sah die »Partnerschaft« meist so aus, dass ein Konzern den Bau entwarf, baute und per Kredit finanzierte. Gemäß dem meist über 30 Jahre laufenden Vertrag mit seinem »Partner« Staat ist er auch für die laufende Unterhaltung zuständig. Damit ist schon ein besserer Zustand gesichert als in den staatseigenen Gebäuden. Doch für all diese Vorteile muss der Staat teuer bezahlen.

Der Rechnungshof verweist darauf, dass es viel günstiger gewesen wäre, wenn der Staat selbst Bankkredite aufgenommen und auf eigene Rechnung gebaut hätte. Die Folge ist beispielsweise, dass die Miete für die nach dem ÖPP-Modell gebauten Gefängnisse zwischen 2020 und 2036 allein 40 Prozent aller Mittel ausmachen wird, die dem Strafvollzug zur Verfügung stehen, obwohl auf diese Gefängnisse nur 15 Prozent der gesamten Gebäudeflächen entfallen.

Ein ganzes Kapitel im Bericht des Rechnungshofs ist dem neuen Pariser Gerichtspalais gewidmet, für das abseits vom Pariser Zentrum bis April 2018 ein modernes Hochhaus gebaut wird, weil der historische Justizpalast auf der Seine-Insel Ile-de-la-Cité längst aus allen Nähten platzt. Der Vertrag darüber mit dem Baukonzern Bouygues wurde 2012 nur wenige Wochen vor Ende der Amtszeit von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy unterzeichnet. Dass der persönlich mit Konzernchef Martin Bouygues befreundet ist, dürfte nicht unwesentlich dazu beigetragen haben dass hier, wie der Rechnungshof bemängelt, »alle Fehler gemacht wurden, die man vermeiden sollte«. Vor allem wurden offensichtlich Alternativen zum ÖPP-Modell künstlich teurer gerechnet, um Bouygues den Zuschlag zu sichern. Unterm Strich wird dieses moderne Gebäude den Staat 2,3 Milliarden Euro kosten - 725 Millionen Euro für die Investition, 643 Millionen Euro für die Finanzierung und 960 Millionen Euro für die laufende Unterhaltung bis 2044. So lange sind jährlich mehr als 86 Millionen Euro Miete fällig.

Angesichts dieser Zahlen scheut sich die gegenwärtige Justizministerin Nicole Belloubet, die im Frühjahr ein über zehn Jahre angelegtes Programm für den Bau von weiteren 15 000 Gefängnisplätzen vorlegen soll, wieder auf ÖPP zurückzugreifen. Doch das erfordert vor allem im Finanzministerium ein Umdenken und eine Abkehr vom bequemen, durch Konzerne und Banken vorgezeichneten Kurs. Schließlich ist dieses Ressort für den Staatshaushalt und damit letztlich für Investitionen zuständig.

Die Negativbeispiele für überteuerte ÖPP-Projekte sollten allerdings zu denken geben. So muss das Verteidigungsministerium für seinen 3,5 Milliarden Euro teuren Neubau in Paris dem Baukonzern Bouygues 30 Jahre lang 150 Millionen Euro zahlen. Die Staatsbahn SNCF muss für die acht Milliarden Euro teure Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris-Bordeaux sogar 50 Jahre lang 250 Millionen Euro an den Vinci-Konzern entrichten.

Auch Regionen, Departements und Kommunen haben sich auf das ÖPP-Modell eingelassen und müssen dafür über Jahrzehnte weit mehr bezahlen, als sie eigentlich können. Landesweit gibt es 169 solcher Verträge für Neubauten von Schulen, Bürohäusern oder Verkehrsinfrastrukturen. Allein die Stadt Marseille muss für Schulen, die nach diesem Modell gebaut wurden, pro Jahr 86 Millionen Euro Miete zahlen.

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