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Auch Gummigeschosse können tödlich sein
US-Studie beziffert Zahl der Todesfälle und schweren Verletzungen durch Einsatz dieser Munition in den letzten Jahren
Bei den jüngsten Ausschreitungen in Argentinien sind 162 Menschen verletzt worden. Die Polizei setzte dabei unter anderem Gummigeschosse gegen die Demonstranten ein. Diese Munition wird meistens aus speziellen Waffen abgefeuert, und gilt offiziell als ungefährlich. Eine US-Studie kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass das nicht stimmt.
Weltweit benutzen Polizeieinheiten bei unterschiedlichen Einsätzen nichttödliche Waffen, die es in den unterschiedlichsten Kalibern und Ausprägungen gibt. Ihre Munition wird meistens landläufig unter dem Begriff »Gummigeschosse« zusammengefasst. Die Projektile dieser Munition bestehen aber nicht nur aus Gummi oder ähnlichen Materialen. Darüber hinaus werden im Polizeieinsatz inzwischen auch andere Methoden, wie etwa Elektroschocks, für den nichttödlichen Einsatz benutzt.
Die eigentlichen Gummigeschosse oder ähnliche Munition sind laut einer Studie keineswegs ein ungefährliches Mittel zur Beendigung von Protesten und Krawallen. Bei ihrem Einsatz kommt es immer wieder auch zu Todesfällen, heben US-Forscher in einer Untersuchung hervor, die sie am Dienstag im Online-Fachjournal »BMJ Open« veröffentlichten.
Die Forscher werteten dafür 26 wissenschaftliche Berichte zu dem Thema aus den Jahren 1990 bis 2017 aus Israel und den Palästinensergebieten, den USA, Indien, Nordirland, der Schweiz, der Türkei und Nepal aus. Darin wurden insgesamt 1984 Menschen aufgeführt, die durch Gummigeschosse verletzt wurden. 53 von ihnen starben. Das entspricht einem Anteil von drei Prozent.
Etwa 300 Verletzte und damit rund 15 Prozent trugen eine dauerhafte Behinderung als direkte Folge des Gummigeschosseinsatzes davon. Diese bleibenden Verletzungen betrafen der Studie zufolge insbesondere den Kopf und den Hals der Betroffenen. Die Getroffenen verloren in vielen Fällen ihr Augenlicht, die Milz und Teile anderer Organe mussten ganz oder teilweise entfernt werden.
Gummi- oder Plastikgeschosse wurden erstmals in den 1970er Jahren von der britischen Armee gegen Aufständische in Nordirland eingesetzt. In den 1980er Jahren wurden sie vom Apartheids-Regime in Südafrika auf Demonstranten abgefeuert. Heute finden die Geschosse in vielen Ländern der Welt Anwendung.
Die Autoren der US-Studie heben die »bedeutende« Zahl an Verletzungen und Todesfällen durch Gummigeschosse hervor. »Angesichts der ihnen eigenen Ungenauigkeit, ihres Potenzials für Missbrauch und der mit ihnen verbundenen Gesundheitsfolgen schwerer Verletzungen und Todes« erschienen die Gummigeschosse, besonders solche mit Metallkern, »keine angemessenen Waffen für den Einsatz zur Kontrolle von Massenaufläufen« zu sein, resümieren die Autoren.
Die Studie wolle aber keinesfalls nahe legen, dass andere Waffen sicherer seien, hieß es weiter. Die Forscher forderten stattdessen »internationale Leitlinien« für den Einsatz von Gewalt gegen Menschenmengen und die ständige Prüfung von »Alternativen für Waffen«.
In einer Ausarbeitung vom September stellt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages fest, dass in Deutschland nur die Bundesländer Hessen und Sachsen ihre Polizeien mit Gummigeschossen ausstatten. Aus dem Land Berlin lagen keine Angaben vor. Die Bundeswehr hält nach Informationen des Wissenschaftlichen Dienstes etwa 35.000 Kunststoffpatronen bereit, die »für die sogenannte Crowd and Riot Control (CRC) vorgesehen« sind. Das bedeutet zur »Durchsetzung beziehungsweise Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung bei Ausschreitungen im Einsatzland« sowie »zum Selbstschutz von Bundeswehrkräften gegenüber gewaltbereiten und gewalttätigen Menschenansammlungen.«
Der Einsatz von nicht letal wirkenden Geschossen, zu denen auch die Gummimunition gehört, wird vom Land Hessen rechtlich als Schusswaffengebrauch angesehen und nach den dafür einschlägigen Rechtsvorschriften behandelt, heißt es in der Ausarbeitung. Einer besonderen Freigabeentscheidung bedürfe es nicht. Auch in Sachsen ist dies der Fall.
Der Einsatz könne jedoch unter Vorbehalt des Polizeiführers gestellt werden, sodass dieser für den Einsatz eine entsprechende Freigabe erteilen muss. mit Agenturen
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