- Politik
- Numerus Clausus
In Teilen verfassungswidrig
Bundesverfassungsgericht verlangt Änderung der Studienplatzvergabe für Humanmedizin
Diese liegt bei zwölf Semestern. Aktuell drängen laut Bundesverfassungsgericht fast 62 000 Bewerber auf nur 11 000 Ausbildungsplätze. Der Erste Senat unter Vorsitz von Ferdinand Kirchhof hat am Dienstag vor allem die lange Wartezeit kritisiert. Hierdurch werde der grundrechtliche Anspruch der Studienplatzbewerber auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot verletzt. Das höchste Gericht lässt dem Gesetzgeber bis Ende 2019 Zeit, die Mängel zu beheben.
Den Numerus clausus, also die Auswahl der Medizinstudenten aufgrund der Abiturnote, haben die Karlsruher Richter allerdings nicht beanstandet. Grundsätzlich sei ein kombiniertes Verfahren aus Numerus clausus und Wartezeit sowie einer Auswahl durch die Universitäten mit dem Grundgesetz vereinbar, entschieden die Richter. Allerdings dürfe eine Festlegung auf höchstens sechs gewünschte Studienorte nicht dazu führen, dass ein Bewerber, der eigentlich erfolgreich wäre, am Ende leer ausgeht. Im Auswahlverfahren bei den Hochschulen müsse eine Vergleichbarkeit der Abiturnoten über Landesgrenzen hinweg sichergestellt werden.
In welche Richtung eine Änderung der Zulassung zum Studium der Humanmedizin gehen könnte, zeigt die Bemerkung des Verfassungsgerichts, dass die Abiturnote nicht das einzige Kriterium bei der Auswahl geeigneter Studierender sein dürfe. Derzeit werden nach Abzug von Härtefällen und einem begrenzten Angebot für Bewerber aus dem Ausland 20 Prozent der Studienplätze nach dem Numerus clausus vergeben, weitere 20 Prozent über die Wartezeit und 60 Prozent über ein Auswahlverfahren der Hochschulen. Einige Universitäten berücksichtigen hierbei bereits berufliche Vorkenntnisse und Eignungen; in der Regel werden allerdings auch diese Studienplätze anhand der Abiturnote vergeben.
Das Bundesverfassungsgericht musste über eine Vorlage des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen entscheiden. Das war bereits 2012 zu dem Schluss gekommen, dass die Praxis der Zulassung nicht mehr verfassungskonform sei. Diese Einschätzung sollte das Gericht überprüfen. Geklagt hatten damals zwei Bewerber aus Schleswig-Holstein und Hamburg, die keinen Studienplatz im Fach Humanmedizin bekommen hatten.
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