Steuerbehörde vor Herkulesaufgabe

Die Republikaner haben die Einrichtung zielgerichtet personell geschwächt, nun droht ihr völlige Überforderung

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Steuerreform der Regierung Trump kommt. Die neuen Tarife mit allen dazugehörigen Ausführungsbestimmungen muss nun die nationale Steuerbehörde, der Internal Revenue Service (IRS) umsetzen. Mehr noch, sie muss die neue Verfahrensweise auch ihren »Kunden«, den Steuerzahlern, erklären und Handreichungen zu den neuen Steuerformularen ausarbeiten und veröffentlichen. Kernstück der Reform ist die Senkung der Unternehmenssteuer von 35 auf 21 Prozent. Aber auch für den einzelnen Steuerzahler wird alles anders. Steuerbefreiungen sollen zum Teil verschwinden, Grundfreibeträge ändern sich bei der Lohn- und Einkommenssteuer wie bei Freiberuflern.

Ist das Gesetz nach den Kongressabstimmungen von Präsident Donald Trump unterzeichnet, soll es schon eine Woche später in Kraft treten. Doch noch weiß niemand bei der IRS, was im neuen »tax code«, dem Steuergesetz, wirklich drinstehen wird. Denn im Kongress wurde Einzelheiten so gut wie gar nicht debattiert. Das bedeutet, dass die neuen Verfahren erst erarbeitet werden können, wenn das Gesetz schon in Kraft ist. Und da sich so viel ändern wird, muss wohl fast jeder Beschäftigte in den USA ein neues Steuerformular für den Arbeitgeber ausfüllen.

Die American Payroll Association, der Verband der Mitarbeiter in Personalabteilungen, ist besorgt. »Unsere Mitglieder geraten in Panik, wegen sich selber, aber auch wegen Millionen von Angestellten, wenn sie daran denken, wie man die Steuerabzüge 2018 nach einem Gesetz vollziehen soll, das nur eine Woche nach Unterzeichnung in Kraft tritt«, erklärte der Berufsverband. Die IRS-Mitarbeiter stehen vor einer Herkulesaufgabe. Und das mit zu wenig Personal. Die Steuerkritiker unter den Republikanern im US-Kongress haben in den vergangenen sieben Jahren durchgesetzt, dass der Haushaltsposten IRS um 17 Prozent beschnitten wurde. Die Zahl der Mitarbeiter ist in dieser Zeit um 21 000 geschrumpft, das sind 25 Prozent der Arbeitsplätze. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Steuererklärungen um zehn Millionen.

Und Präsident Trump will den Haushalt des IRS noch weiter kürzen. Er mag die Behörde nicht und zahle »so wenig wie möglich«, sagte Trump, als er sich weigerte, die eigenen Steuererklärungen wie alle Präsidenten vor ihm offenzulegen. Das sei eben »die amerikanische Art«. Die letzte große Steuerreform hatte Ronald Reagan auf den Weg gebracht. Er überblickte die Folgen und hob die Stellenzahl beim IRS um 2100 Posten an. Wenn die Finanzausstattung der Steuerbehörde weiter gekürzt werde, die Mitarbeiter aber mehr arbeiten müssten, »dann kann der IRS ganz einfach nicht arbeiten«, sagte John Koskinen, der IRS-Chef, der im November zurücktrat. Schon jetzt habe man nicht genügend Personal für die anfallende Arbeit.

Die US-Steuergesetzgebung ist so kompliziert, dass Firmeneigner und andere, die ihre Steuerklärung selber einreichen müssen, daran verzweifeln. 60 Prozent werden deshalb von Steuerberatern erstellt. Ihnen geht es vor allem darum, zum Nutzen ihrer Kunden nach Möglichkeiten zur Steuervermeidung zu suchen. Darüber habe man sich in der Regierung aber noch keine Gedanken gemacht, glaubt David Kamin, ehemaliger Obama-Berater und heute Juraprofessor an der Universität New York. Er gehe davon aus, dass die Steuermindereinnahmen noch viel größer sein werden, als veranschlagt.

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