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China knöpft sich die Bitcoins vor
Handelsplätze werden verboten und Stromlieferungen für »Miner« infrage gestellt
Chinas Bitcoin-Szene versinkt in depressiver Stimmung. Im September hatte die Regierung bereits Handelsplätze für die neuen Währungen verboten und damit die private Nutzung zurückgedrängt. Jetzt geraten auch die »Miner« unter Druck, die dem System die Rechenleistung starker Computer zur Verfügung stellen, um neue Bitcoins zu schürfen, und dafür bezahlt werden. »Die Party ist vorbei«, sagte Bobby Lee, der Chef der inzwischen geschlossenen Bitcoin-Börse BTCC.
Die chinesische Regierung geht derweil auch den indirekten Weg. Auf Druck von oben hat sich auch der Internetkonzern Baidu wieder von Bitcoins als Zahlungsoptionen für seine Dienste verabschiedet. Damit ist China innerhalb weniger Monate vom Krypto- zum Regulierungsvorreiter geworden.
Zu den vielen Kritikern weltweit hat sich nun ein weiterer gesellt: Japans Notenbankchef Haruhiko Kuroda bezeichnete den Bitcoin als »Spekulationsobjekt«. Er verhalte sich nicht wie ein normales Zahlungsmittel. Das ist für Fachleute ein Grund, dem Bitcoin den Status einer Währung abzusprechen.
Weitere Schwierigkeiten drohen in China von den Energiekonzernen. Diese machen sich Sorgen wegen des hohen Strombedarfs für das »Mining«. Für den »Bergbau« von Bitcoins gehen täglich rund 90 Millionen Kilowattstunden drauf. Im November hat nun, wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtete, eine Bitcoin-Mine in der Provinz Sichuan ein Schreiben des örtlichen Energieversorgers State Grid erhalten. Darin hieß es, die Nutzung von Wasserkraft für die Versorgung der Haushalte habe Priorität vor sonstigen Geschäftsinteressen. In der Provinz Sichuan stehen einerseits besonders viele Bitcoin-Bergwerke, andererseits gibt es dort auch viele Staudämme mit Wasserkraftwerken. In Zeiten geringer Stromnachfrage im Netz haben die Bergleute die Energie zu günstigen Preisen abgenommen und damit ihre Computer gefüttert.
Der Bergbau ist Teil der Mechanismen, mit denen eine Kryptowährung ohne zentrale Kontrolle und Aufseher auskommt. Die Transaktionen sind in einer nur für die Nutzer einsehbaren Datenbank gespeichert, die auf Basis der sogenannten Blockchain-Technologie funktioniert. Jeweils ein Stapel Transaktionen ist zu einem Block von Daten zusammengefasst. Eine Transaktion ist dabei eine Übertragung im Sinne von »Susi gibt Markus ein Bitcoin«. Die einzelnen Blöcke sind datentechnisch so verbunden, dass eine Manipulation an der Kette sofort auffallen würde. Die Bergleute bauen nun laufend die neuen Blöcke in die Kette ein. Sie müssen dabei enorm komplizierte Rechenaufgaben lösen, um einen gültigen Block herzustellen, was den hohen Stromverbrauch erklärt. Der Schwierigkeitsgrad erhöht sich im Gleichschritt mit der Computerleistung in den Minen. Die Komplexität macht es schwer, einen Block oder gar einen ganzen Teilabschnitt der Blockchain zu fälschen. Letztlich dient sie dazu, Vertrauen in die rein virtuelle Währung zu schaffen.
Mittlerweile gilt das Bitcoin-Netz als der derzeit größte Supercomputer auf dem Planeten. In den Minen stehen Metallregale mit langen Reihen spezialisierter Rechner, die nichts anderes können, als die nötige Mathematik für die Bildung korrekter Blöcke zu bewältigen.
Beim derzeitigen Bitcoin-Kurs von über 15 000 Euro bringt das »Mining« dreimal mehr, als es kostet - zumindest zu den Strompreisen eines Wasserkraftwerks in Sichuan. Das sind starke Anreize. Kein Wunder, dass 80 Prozent der Rechenleistung für Bitcoin in China zur Verfügung gestellt werden. Aber weltweit ist ein Wettlauf um die stärkste »Mining«-Hardware entbrannt.
Das bleibt in China indes weiter legal, wie aus Bitcoin-Kreisen zu hören ist. Nur der gewerbliche Kauf und Verkauf von Bitcoin sollen unterbunden bleiben - auch, um Kapitalflucht zu erschweren. Damit zeigen sich deutliche Widersprüche zwischen den Systemen. Die Blockchain ist dezentral und bei Bitcoins von staatlichen Stellen unabhängig - das ist ihr Grundgedanke. China will aber alles möglichst zentralstaatlich kontrollieren und dennoch technisch vorne mitspielen.
Derweil lebt die virtuelle Währung auch in China weiter. Seit die Regierung die Bitcoin-Börsen geschlossen hat, boomt der Handel der Nutzer untereinander. Zahlen des Dienstleisters LocalBitcoin zufolge hat er sich mehr als verzwanzigfacht.
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