- Politik
- Große Koalition
Wagenknecht: SPD ist ohne Strategie
Sozialdemokraten sollten mit »klaren, populären Forderungen in die Sondierung« mit der Union gehen, fordert die Linksfraktionschefin
Berlin. Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht hat der SPD schwere Fehler auf dem Weg zu einer möglichen neuen großen Koalition vorgeworfen. »Die SPD hat keine Strategie«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Es ist nicht klug, dass sie nicht mit klaren, populären Forderungen in die Sondierung geht.«
Ihr Kernprojekt Bürgerversicherung sei zwar richtig, tauge aber wenig für Kompromissverhandlungen. »Und die von Martin Schulz geforderten Vereinigten Staaten von Europa bis 2025 dürfte sich nicht einmal die Mehrheit der SPD-Wähler wünschen«, sagte Wagenknecht. »Denn wer will schon von der EU-Kommission und ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker regiert werden.«
Wagenknecht meinte, die SPD könnte einen deutlich höheren Mindestlohn fordern, eine auskömmliche Rente, höhere Steuern für Superreiche und Gesetze gegen unsichere und prekäre Beschäftigung. »Ich will nicht sagen, dass sie das bekommen würden. Immerhin ist Angela Merkel ebenfalls geschwächt und weit weniger als 2013 in der Lage, Zugeständnisse an den potenziellen Koalitionspartner in den eigenen Reihen durchzusetzen«, räumte sie ein.
»Aber es wäre eine klare Position, mit der die SPD, egal wie es ausgeht, Profil zurückgewinnen würde.« Ob die Basis der Parteispitze in eine große Koalition folge, sei fraglich, wenn diese bei der CDU am Ende nur eingeschränkte Verbesserungen durchsetzen könne oder wolle. Ein Beispiel sei das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit.
»Die Forderungen sollten letztlich darauf hinauslaufen, die Agenda 2010 und die Zerstörung des Sozialstaates zurückzunehmen«, forderte Wagenknecht. »Aber bisher will die SPD das ja noch nicht einmal selbst, und genau das - nicht die große Koalition - ist die Ursache für ihre Wahlniederlagen.« Im Bundestag habe die Linke nach einem entsprechenden Vorstoß von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kürzlich noch einmal die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro beantragt. Nicht nur CDU/CSU, FDP und AfD, sondern auch die SPD habe sich aber dagegen ausgesprochen.
»Bei den Bundestagswahlen 2005 und 2013 hätte es Mehrheiten für eine Regierung aus SPD, Linken und Grünen gegeben«, sagte Wagenknecht. »Die SPD hat sie nicht genutzt.« Dass es jetzt keine solche Mehrheit mehr gebe, sei auch das Ergebnis dieser Entscheidung.
»Eine Minderheitsregierung bietet potenziell die Möglichkeit, hier und da Mehrheiten jenseits der CDU/CSU zu erreichen«, meinte die Vorsitzende der LINKEN im Bundestag. »Aber die aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag mit FDP und AfD bieten kaum eine Basis für soziale Verbesserungen.« In Richtung besserer Bildung – bei Abschaffung des Verbots einer Bildungskooperation von Bund und Ländern – könne man vielleicht mit der FDP vorankommen. »Aber es wäre eine Illusion zu glauben, eine Vermögenssteuer für Superreiche oder ein höherer Mindestlohn ließen sich mit den vorhandenen Mehrheiten beschließen.«
Wagenknecht hält im Fall einer Minderheitsregierung aber eine frühere Neuwahl für möglich. »Falls die SPD bis dahin die Konsequenzen aus ihren fortgesetzten Wahlniederlagen gezogen und sich tatsächlich inhaltlich und personell erneuert hat, bestünde dann die Chance zu anderen Mehrheiten.« dpa/nd
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!