Stipendium als Köder für Landlehrer

Politik erwägt Zahlung von 500 Euro monatlich an Lehramtsstudierende, die später auf dem platten Land unterrichten

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Weihnachten ist vorbei, Silvester auch. Leise prickelt der Sekt. Doch beim traditionellen Katerfrühstück der Linksfraktion im Landtag greift der Fraktionsvorsitzende Ralf Christoffers nicht zum bereitgestellten Sektglas. Am Donnerstagmorgen prostet er seinen Gästen dagegen mit Wasser zu. Für Alkohol ist es ihm um 9.30 Uhr noch zu früh.

Christoffers wünscht allen, dass sie sich möglichst lange an die zum neuen Jahr gefassten guten Vorsätze halten können. Er selbst versucht es nicht einmal. »Ich nehme mir erst gar nichts vor. Dann kann ich mich nicht enttäuschen«, schmunzelt er. Das gilt allerdings nur für seine privaten Angewohnheiten. Was die Parlamentsarbeit betrifft, hat sich Christoffers einiges vorgenommen. »Derzeit macht Politik Spaß«, freut er sich. Denn es können Entscheidungen getroffen werden, weil es finanzielle Spielräume gibt.

Allein 25 Millionen Euro sind im Nachtragshaushalt 2018 dafür vorgesehen, die Elternbeiträge für das letzte Kitajahr vor der Schule abzuschaffen. 25 360 Kinder sind es, die in Brandenburg bis zu ihrer Einschuldung nur noch weniger als ein Jahr warten müssen. Rund 1800 Kitas gibt es im Bundesland und etwa 750 verschiedene Gebührensatzungen der Kommunen. Wenn das Land die Elternbeiträge abschafft, muss es die Einnahmeausfälle ausgleichen. Doch es soll nicht so sein, dass jene Kommunen, die den Eltern horrende Gebühren abverlangten, das Geld nachgeschmissen bekommen, und jene Kommunen das Nachsehen haben, die bislang sozial dachten und niedrige Gebühren kassierten.

Für die Ausgleichszahlungen des Landes schwebt Vizelinksfraktionschefin Kathrin Dannenberg ein »gesunder Mittelwert« vor, der bei 80 Prozent der Kitas die Kosten decke. Für Härtefälle solle es einen Fonds geben. Doch alle werden nie zufrieden sein, weiß Dannenberg. »Bildung ist der Schwerpunkt unserer Fraktion«, betont sie. Noch nie sei in Brandenburg so viel Geld in Kitas, Schulen und Universitäten geflossen wie jetzt.

Aktuell sei es gelungen, genug Lehrer einzustellen. Doch auch in Zukunft werden pro Jahr 1000 neue Lehrer benötigt, um Kollegen zu ersetzen, die in den Ruhestand treten. »Die schweren Zeiten kommen noch«, prophezeit die Abgeordnete, die von Beruf Sport- und Geschichtslehrerin ist. Im Wettbewerb um Absolventen hat Brandenburg im Moment die Nase vorn, da hier künftig alle Lehrer nach der Besoldungsstufe A 13 bezahlt werden, auch die Grundschullehrer und sogar die ehemaligen DDR-Unterstufenlehrer, und dies ohne vorgeschaltete Qualifizierung. Das ist schon beschlossen, und es ist bundesweit einmalig.

Doch es wird nicht ausreichen, ist Dannenberg überzeugt. Insbesondere gebe es Schwierigkeiten, Pädagogen für ländliche Regionen zu finden. Hier wird nun ein Landlehrerstipendium von 500 Euro monatlich erwogen. Ein solches Stipendium hatten die Oppositionsfraktionen CDU und Grüne bereits 2016 beantragt. Damals war noch von 300 Euro monatlich die Rede. Jetzt erwärmt sich die rot-rote Koalition für diesen Gedanken. Sachsen hat es vorgemacht, und Berlin beabsichtigt, ein Stipendium zu gewähren, wenn Studierende auf ein Lehramtsstudium in einem Mangelfach umschwenken, wie die Berliner Abgeordnete Regina Kittler (LINKE) bestätigt.

Doch in Brandenburg möchte Dannenberg nicht nur mit Geld locken. Ihr schwebt für Landlehrer ein Willkommensmanagement wie für Landärzte vor. Es würde dann beispielsweise bei der Suche nach einer Wohnung geholfen werden. Ohne dies werde es schwer, Lehrer für Schulen außerhalb des Berliner Autobahnrings zu finden, meint Dannenberg. Dass solche Maßnahmen einen Überbietungswettbewerb der Länder in Gang setzen, denkt sie aus einem ganz einfachen Grunde nicht. Diesen Überbietungswettbewerb gebe es bereits. Christoffers bestätigt: »Das ist eine politische Realität.«

Während noch weiter Lehrer gesucht werden, hat das Innenministerium einen neuen Leiter des Verfassungsschutzes gefunden. Der bisherige Ausländerbehördenchef Frank Nürnberger soll den Posten übernehmen (»nd« berichtete). Unbelastet, da von außen kommend, guter Mann, keine schlechte Lösung. So denkt man in der Linksfraktion darüber. Zur Forderung Nürnbergers nach mehr Personal äußert Fraktionschef Christoffers jedoch, zweifellos würden in einer modernen Sicherheitsarchitektur Experten für den Islamismus benötigt. Dies müsse aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Verfassungsschutz diese Leute bekomme. Sie könnten auch an anderer Stelle im Innenministerium sitzen. Schließlich werde ihr Fachwissen keineswegs nur im Geheimdienst gebraucht.

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