Nach dem Scoop

Belästigungsvorwürfe

  • Lesedauer: 2 Min.

In der vergangenen Woche landete das »Zeit-Magazin« eine exklusive Meldung von solcher Brisanz, dass sie den im Mediengewerbe gebräuchlichen Begriff »Scoop« (englisch to scoop: ausschöpfen, abräumen) verdient: In dem am Donnerstag erschienenen Text »Im Zwielicht« ist die Rede von drei Schauspielerinnen, die dem Regisseur Dieter Wedel sexuelle Belästigung vorwerfen. Erwartungsgemäß ging das Ding durch die Decke. Wedel bestreitet alles. Juristisch kann er nicht mehr belangt werden, weil die im Raum stehenden Taten bereits mehr als 20 Jahre zurücklägen.

Dennoch steht die Frage im Raum: Hätte die Geschichte trotz mangelhafter Beweislage überhaupt gedruckt werden dürfen? Die Autorinnen Jana Simon und Annabel Wahba haben am Wochenende ihr Vorgehen in einem Interview mit dem Mediendienst »Meedia« verteidigt: »Wenn wir die Frauen für Wichtigtuerinnen oder für unglaubhaft gehalten hätten, hätten weder wir noch die Chefredaktion diese Geschichte veröffentlicht«, sagte Simon. Wahba ergänzte: »Wir wollen niemanden vorverurteilen, sondern stellen die Aussagen der Frauen denen von Dieter Wedel gegenüber.«

Angesprochen auf die Kritik der Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen, die von einer Vorverurteilung sprach, antwortete Simon: »Generell gilt: Verdachtsberichterstattung bei gesellschaftlich relevanten Themen muss möglich sein, sonst wäre der investigative Journalismus tot.«

Die Reaktionen auf den Artikel seien vielfältig gewesen. Aus der Filmbranche habe man vor allem die Hoffnungen geäußert, dass sich nun etwas verändern könne. Auch weitere Schauspielerinnen haben sich demnach bei den beiden Journalistinnen gemeldet. cba

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