Nur noch die Hälfte: Ungarn bekommen weniger Kindergeld aus Österreich

Neue Regierung will das Sozialgeld für im Ausland lebende Kinder kürzen

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine der ersten konkreten Maßnahmen der ÖVP-FPÖ-Regierung ist die Indexierung der Familienbeihilfe für Eltern, deren Kinder im Ausland leben. Derzeit gibt es pro Kind je nach Alter und Anzahl der Geschwister zwischen 114 und 165 Euro - unabhängig vom Aufenthaltsort. In Österreich arbeitende Ausländer, deren Kinder im Heimatland wohnen, haben den selben Anspruch wie Einheimische. Bundeskanzler Sebastian Kurz ist »sehr froh, dass nun endlich beschlossen wurde, was mit der SPÖ nie möglich gewesen sei«.

Künftig wird die Familienbeihilfe an die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzland des jeweiligen Kindes angepasst. Da es sich dabei meist um Länder mit einer deutlich geringeren Kaufkraft als in Österreich handelt, wird die Hilfe deutlich sinken. 2016 hat Österreich 273 Millionen Euro an 132.000 Kinder im Ausland überwiesen. 114 Millionen Euro sollen durch die Indexierung eingespart werden; bei vernachlässigbaren Mehrkosten von knapp 120.000 Euro für die wenigen Kinder, die etwa in der Schweiz leben und wegen der höheren Lebenshaltungskosten künftig sogar mehr bekommen.

Hauptverlierer dieser Maßnahme ist ausgerechnet ein Land, dessen Regierungschef eine besondere Nähe zur neuen Regierung in Wien nachgesagt wird. Nach Ungarn flossen 2016 über 80 Millionen Euro Kindergeld. Künftig wird es etwa die Hälfte sein. Ministerpräsident Viktor Orban, der die Bildung der ÖVP-FPÖ-Koalition als »Wiederherstellung der Demokratie« bejubelt hat, wird das kaum unwidersprochen lassen. Wobei der Konflikt nicht ganz neu ist. Schon 2017 hatte sich Orban als Hüter der EU-Verträge inszeniert und Österreich vorgeworfen, diese »auf hinterlistige Art und Weise Schritt für Schritt zu verändern«. SPÖ und ÖVP planten nämlich schon vor einem Jahr genau das, was Kurz nun als Kanzler mit den Rechtspopulisten durchzieht. Ungarn werde das nicht akzeptieren, protestierte Orban bereits damals.

Er brauchte sich aber nicht weiter als Supereuropäer in Szene zu setzen, weil es ohnehin seitens der EU-Kommission das klare Signal gab, dass die Wiener Absichten nicht EU-konform wären. Auch jetzt hat die Brüsseler Behörde bereits angekündigt, die Pläne prüfen zu wollen. Kurz ist allerdings überzeugt, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Er hat sich vom ÖVP-nahen Sozialrechtler Wolfgang Mazal ein Gutachten schreiben lassen, dem zufolge die Indexierung der Familienbeihilfe EU-konform wäre. Die Argumentation: Weil diese Transferleistung eine Unterstützung zum Kauf täglicher Güter sei, könnte sie für Kinder in Ländern mit niedrigerem Preisniveau entsprechend gekürzt werden. Und noch ein Argument hat die ÖVP. Im Februar 2016 war dem damaligen britischen Premier David Cameron im Vorfeld des Brexit-Referendums ein weitgehendes Zugeständnis gemacht worden: Der EU-Rat fasst einen Grundsatzbeschluss, wonach die Mitgliedstaaten künftig nicht mehr verpflichtet sein sollten, Kindern von EU-Ausländern den vollen Familienbeihilfensatz zu zahlen, wenn diese in den Herkunftsländern leben.

Nicht nur Ungarn wird jetzt gegen die Kürzung des Kindergeldes mobilmachen. Unter den größten Profiteuren des Sozialtransfers sind neben Rumänien auch die Slowakei, Polen und Tschechien. Die gesamte Visegrad-Gruppe, als deren heimliches Mitglied manche Österreich nach dem jüngsten Rechtsruck schon betrachten, hat also hier in einen Konflikt mit Wien.

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