Lästige Freiheit

Die Schauspielerin Catherine Deneuve kämpfte einst Seite an Seite mit Feministinnen, nun spricht sie sich gegen MeToo aus

  • Samuela Nickel
  • Lesedauer: 2 Min.

In Frankreich sorgten die Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen den ehemaligen US-Filmproduzenten Harvey Weinstein für große Aufmerksamkeit. Unter dem Hashtag balancetonporc (Verpfeif’ das Schwein) berichteten im Kurzbotschaftendienst Twitter tausende Menschen über Missbrauchsfälle - ähnlich wie in den USA unter dem Schlagwort MeToo (Ich auch).

Am Montag haben allerdings insgesamt rund 100 Frauen, darunter Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen und Journalistinnen, einen Aufruf unterschrieben, der MeToo vorwirft, eine »Denunziations-Kampagne« zu sein. Die Diskussion habe legitimerweise Bewusstsein geschaffen für sexuelle Gewalt gegen Frauen, heißt es in dem am Mittwoch in der Zeitung »Le Monde« veröffentlichten Offenen Brief. Dies sei notwendig gewesen, beschränke jedoch die »Freiheit, jemandem lästig zu werden, die für die sexuelle Freiheit unerlässlich ist«.

Die französische Schauspielerin Catherine Deneuve gehört neben der Schriftstellerin Catherine Millet und der Journalistin Élisabeth Lévy zu den Unterzeichnerinnen des Offenen Briefes. Die 74-jährige Deneuve kommt aus einer Schauspielerfamilie. Zu ihren beruflichen Erfolgen zählen »Ekel« von Roman Polanski, ihre Rolle als lesbische Vampirin neben David Bowie in »Begierde« oder »Dancer in the Dark« von Lars von Trier. In den 1970er Jahren setzte sich Deneuve für legale Schwangerschaftsabbrüche in Frankreich ein. Sie unterzeichnete das Manifest der 343, ein Bekenntnis zur Abtreibung, das von Simone de Beauvoir verfasst wurde.

Als Unterzeichnerin des am Mittwoch erschienenen Aufrufs erklärt sie nun den Feminismus von MeToo und das Aufdecken von Machtmissbrauch als »Hass auf Männer und Sexualität«. Sie sehe die Freiheit der Anmache bedroht: »Flirten ist kein Delikt, und eine Galanterie auch keine chauvinistische Aggression.« Es sei kein Vergehen, »ein Knie berührt oder einen Kuss erhascht zu haben«, heißt es. Tatsächlich aber sind Anmache, Flirt oder Galanterie nicht Ziel der Kritik von MeToo, sondern sexualisierte Gewalt von Menschen in Machtpositionen.

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