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Magdeburger AfD spricht vom »Bombenterror«

Wie die Rechtsaußenpartei die Bombardierung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg umdeutet

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 5 Min.

Viele deutsche Städte tun sich im Umgang mit der eigenen Geschichte immer noch schwer, wenn es um die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs geht. Egal ob Dresden, Chemnitz oder Magdeburg – viele Kommunen bemühen sich einerseits um ein würdiges Gedenken an die Opfer der Bombardierungen durch die Alliierten, andererseits soll dabei der Kontext des Krieges nicht vergessen werden. Was viele Orte in dieser schwierigen Aufgabe eint: Neonazis und andere rechtsradikale Gruppen versuchen, mit »Trauermärschen« und anderen Aktionen einen einseitigen Blick auf die Geschichte zu propagieren.

Magdeburg bildet keine Ausnahme: 1998 versuchten Neonazis erstmals, das Gedenken an die Bombardierung der Stadt am 16. Januar 1945 gezielt zu instrumentalisieren. Ihr erster Auftritt war damals noch überschaubar, wie aus einer Chronik der Initiative »Miteinander« hervorgeht. Gerade einmal acht Neonazis mischten sich unter die Teilnehmer der offiziellen städtischen Gedenkkundgebung, ein Jahr später waren es 20 Rechtsradikale. Im Jahr 2001 trauten sich die Neonazis erstmals eine eigene Veranstaltung zu. An einem »Trauermarsch« der NPD nahmen 140 Personen teil, in den Folgejahren zogen ähnliche Veranstaltungen stets Hunderte Neonazis an, zu Spitzenzeiten waren es bis zu 1500 Geschichtsrevisionisten.

Doch die Stadt und lokale Initiativen begannen sich zu wehren, 2009 gab es mit der »Meile der Demokratie« erstmals eine große Gegenveranstaltung mit dem Charakter eines Familienfestes, während parallel dazu linke Gruppen erfolgreich zu Blockaden gegen die Naziaufmärsche mobilisierten.

Laut Chronik wurde die AfD erstmals 2015 auf die »Meile der Demokratie« aufmerksam: »Konzerte vermeintlicher Promis, Freibier und bezahlte Luftballonverteiler ergänzen [...] und komplettieren ein geradezu bizarres Schauspiel, an dessen Ende ja doch immer der Steuerzahler die Zeche löhnt, wenn es darum geht, dem Volk zu erklären, welche Weltanschauung ja nun die richtige, die Einzige zu sein hat!«, schrieb die Magdeburger AfD laut der Initiative »Miteinander« über das Demokratiefest. Schnell wird deutlich: Vertreter der Rechtsaußenpartei schlagen mit ihrer vermeintlichen Kritik einen ähnlichen Kurs ein, wie in den Vorjahren rechtsradikale Kräfte.

Ende 2016 kommt es zum Eklat: Als bekannt wird, dass die AfD erstmals auch einen Stand bei der »Meile der Demokratie« bekommt, ziehen sich mehrere Initiativen zurück, darunter der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt, Miteinander e.V. sowie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD). »In einer demokratischen, offenen und vielfältigen Gesellschaft sollte jeder Mensch gleichwertig teilhaben und Schutz erfahren. In diesem Geiste stand bisher immer die Meile der Demokratie in Magdeburg. Parteien, Gruppierungen und Menschen, die diesen Geist untergraben und gesellschaftsspaltende, menschenverachtende Parolen verbreiten, hatten keinen Platz. Dies ist in diesem Jahr leider anders«, begründete etwa der LSVD seine Absage für das kommende Wochenende. Unterm Strich folgten jedoch nur wenige Vereine und Initiativen dem Boykottaufruf.

Am Sonnabend stehen diese nun Seit an Seit mit einer Partei, die zunächst selbst nicht viel von der »Meile der Demokratie« hielt und deren Äußerungen im Gegensatz zu dem stehen, worum sich die Mehrheit der Teilnehmer bemüht: ein differenzierter Blick auf die Bombardierung Magdeburgs.

Die Rechtsaußenpartei scheint daran wenig Interesse zu haben: So schreibt die Magdeburger AfD in einem Twitterbeitrag vom 16. Januar vom »stillen Gedenken der tausenden Opfer des Bombenterrors«. Auch ein, von der AfD am Dienstag auf dem Magdeburger Westfriedhof niedergelegter, Kranz trägt die gleiche Formulierung.

Im Kontext der Alliierten Luftangriffe auf deutsche Städte ist »Bombenterror« ein Begriff, der mehrheitlich besonders in den letzten drei Jahrzehnten von Neonazis und Geschichtsrevisionisten genutzt wird, um die deutschen Toten in ihrer Rolle als Opfer in den Fokus zu setzen. Nicht zufällig marschierten Neonazis mehrere Jahre unter dem Motto »Ehre den Opfern des Bombenterrors« auch in Dresden auf, um die Ereignisse in der sächsischen Landeshauptstadt in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 umzudeuten. Auch die NPD macht sich den Begriff vom »Bombenterror« seit Jahren in diesem Kontext zu eigen.

Historische Einordnungen der Ursachen für die alliierten Bombenangriffe fehlen allerdings auch in anderen Stellungnahmen der Rechten. »Wir als AfD verurteilen jede Form von Gewalt, egal, gegen wen sie sich richtet. Das gilt natürlich auch für jede Form des Krieges. Umso wichtiger ist es, der Opfer des Zweiten Weltkrieges zu gedenken, die gerade hier in Magdeburg durch die Luftangriffe besonders zahlreich waren«, erklärt der Vizevorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Oliver Kirchner, in einer Mitteilung zum aktuellen Jahrestag. Kirchner geht sogar soweit zu fordern, der Magdeburger Landtag möge sich »gegen jegliche Rechtfertigungsversuche dieser Gräueltaten« aussprechen.

Vor Rechtfertigungsversuchen »zielgerichteter Terrorangriffe« warnt auch ein Antrag der AfD-Landtagsfraktion, in dem es um die Errichtung einer »zentralen Gedenkstätte für die zivilen Opfer der Flächenbombardierung auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts« geht. Die Bombardierung deutscher Städte und Gemeinden stelle einen der »vielen Tiefpunkte in der Geschichte des Zweiten Weltkrieges und überhaupt aller Kriege dar«. Welche anderen Tiefpunkte es zwischen 1939 und 1945 gab, dazu äußert sich die Rechtsaußenfraktion in ihrem Antrag nicht. Wäre es von der AfD vielleicht auch zu viel verlangt, wenigstens einmal die Schuldigen für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und den Holocaust zu benennen?

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