In Erfurt gehört das Chaos zum Fußballalltag
Schulden, schwere Zerwürfnisse in der Führungsetage, öffentliche Schlammschlachten, sportliche Krise: Der FC Rot-Weiß braucht dringend Punkte und sehr viel Geld
Die Verantwortlichen beim FC Rot-Weiß Erfurt stehen vor einer Herkulesaufgabe: Sportlich droht der Abstieg aus der 3.Liga, wirtschaftlich eine Insolvenz.
Von Knut-Michael Meisel, Erfurt
Der FC Rot-Weiß Erfurt ist derzeit vor allem eins - ein Chaosklub. Um das Aus des Gründungsmitglieds der 3. Liga noch abzuwenden, ruhen die Hoffnungen auf der Mitgliederversammlung am Sonnabend. Dort soll Einigkeit und ein gemeinsames Handeln aller erreicht werden. »Ich hoffe, dass die Vernunft siegt und es für die Rettung des Vereins noch nicht zu spät ist«, sagte Präsident Frank Nowak.
Das Scheitern kann aber nur unter größten Anstrengungen abgewendet werden. Bis zum 23. Januar muss Rot-Weiß 1,5 Millionen Euro beim Deutschen Fußball-Bund nachweisen. Sonst kommt es zum Punktabzug und der Abstieg des Tabellenletzten wäre dann wohl kaum noch zu verhindern. Eine finanzielle Rettung scheint immerhin möglich. Die Erfurter Verantwortlichen um Präsident Nowak sind optimistisch, die Lücke von 600 000 Euro bis zum Dienstag über potenzielle Sponsoren schließen zu können.
Gelingt dies nicht, droht im schlimmsten Fall die Insolvenz. Dazu kommt, dass die derzeitigen Schulden des Klubs laut Einschätzungen eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers bei 6,8 Millionen Euro liegen sollen. Über die genaue Finanzsituation soll auf der mit Spannung erwarteten Mitgliederversammlung informiert werden. Nowak hatte am 2. November bei seiner Ernennung zum Klubchef versprochen, die »hundertprozentige Transparenz über die wirtschaftliche Situation des Vereins herzustellen.«
Hoffnungsvoll erscheint die Tatsache, dass man endlich die Streitigkeiten auf Führungsebene beigelegt hat. »Es ist uns gelungen, in zahlreichen Gesprächen Einigkeit zwischen zwei rivalisierenden Lagern zu schaffen, die beide unterschiedliche Wege zur Rettung des FC Rot-Weiß gehen wollten«, sagte Erfurts Ehrenpräsident Klaus Neumann am Donnerstag. So werde es anstatt zwei nur noch eine gemeinsame Vorschlagsliste mit Kandidaten für die Wahl des Aufsichtsrates, der laut Satzung den Präsidenten einsetzt, geben. Die kandidierenden Personen stehen laut Neumann voll hinter Nowak. Man wolle den Schulterschluss zum Wohle des Vereins demonstrieren.
Vorausgegangen war ein unrühmliches Hickhack in der Führungsetage. Alles begann mit dem Rauswurf von Trainer Stefan Krämer, der am 2. Oktober 2017 nach dem Absturz ans Tabellenende gehen musste. David Bergner wurde Nachfolger. Doch Ruhe kehrte nicht ein. Am 2. November setzte der Aufsichtsrat Präsident Rolf Rombach, der seit 1. Juli 2005 im Amt war, aufgrund dessen Führungsstils und dem Streit über die zukünftige Ausrichtung des Vereins ab. Als Präsident wurde Nowak eingesetzt. Rombach wehrte sich und behauptete, die Abberufung sei konstruiert gewesen. Man einigte sich und Rombach kehrte am 4. November wieder in sein Präsidentenamt zurück. Eine Woche später gab er jedoch auf und trat zurück. Die Hauptgründe seien das Zerwürfnis und die internen Machtkämpfe in der Führungsriege sowie die Berichterstattung über ihn gewesen, sagte Rombach. Nowak übernahm erneut.
Von Ruhe aber immer noch keine Spur. Manager Torsten Traub und Geschäftsstellenleiter Konstantin Krause wurden am 15. November entlassen. Fünf Tage später trennte sich der Verein wegen Erfolglosigkeit von Trainer Bergner und holte Stefan Emmerling zurück, der die Rot-Weißen bereits von März 2010 bis August 2012 trainiert hatte. Er soll jetzt den sportlichen Abstieg verhindern. Der Start dafür könnte schwerer nicht sein: Am Montagabend empfangen die Erfurter den Tabellenführer 1. FC Magdeburg. Einen Tag danach entscheidet sich dann, ob sportliche Siege überhaupt noch etwas wert sind. dpa/nd
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