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Wachstum ist nicht alles
Kritischer Agrarbericht untersucht die Folgen der Globalisierung auf den Agrarmärkten
»Globalisierung ist dann gut, wenn sie zu einer besseren Versorgung mit Lebensmitteln beiträgt«, sagte Frieder ThomasGeschäftsführer des Agrarbündnisses. »Der weltweite Agrarhandel ist aber weder fair noch frei.« Deshalb sei auch die Ausrichtung einer Vielzahl der deutschen Bauern auf den Export der falsche Weg, so Thomas am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des Kritischen Agrarberichtes 2018 mit dem Schwerpunkt Globalisierung.
Das Streben nach Wettbewerbsfähigkeit bedeute für die meisten einheimischen Bauern ruinöse Preise. Zudem schädigten die stetig steigenden Exporte die Märkte im globalen Süden. Die EU-Kommission sei auf dem richtigen Weg, wenn sie Betriebe künftig nicht mehr pauschal je Hektar Fläche fördern, sondern Leistungen für Umwelt- und Tierschutz honorieren wolle, sagte Bernd Voß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.
Doch die Wachstumsfalle gilt längst nicht mehr nur für die konventionell erzeugte Lebensmittel. In der Biobranche werde zwar viel über Partnerschaft und Fairen Markt geredet und auch einiges umgesetzt, schreibt der Vorsitzende der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Alexander Beck, im diesjährigen Agrarbericht. »Letztlich ist die Branche denselben Mechanismen ausgesetzt wie die konventionellen Märkte.« Die inzwischen schwer zu bedienende Nachfrage nach Rohstoffen berge nicht nur die Gefahr, mit »unlauterer Bioware« konfrontiert zu werden. Vielmehr würden die negativen Auswirkungen von Materialtransport plötzlich auch ein Thema.
Hinzu kommt die Erwartungshaltung der Verbraucher - auch in Bioläden soll es jederzeit Tomaten geben, und Kartoffeln aus Ägypten sind im Frühjahr eben früher fertig. Diese Erfahrungen machen viele Bioladenbesitzer und versuchen ein möglichst umfassendes Angebot aufrechtzuerhalten, damit ihre Kunden nicht zum nächsten (Bio-)Supermarkt wechseln.
Die neue EU-Ökoverordnung hat dem Wachstumsgedanken explizit keinen Riegel vorgeschoben. So gibt es keine Obergrenzen im Bestand von Hühnerställen. Dieser Bereich drohe tatsächlich auch in der Biobranche industrialisiert zu werden, sagte Martin Häusling, Europa-Abgeordneter der Grünen und Verhandler für das EU-Parlament bei der Ökoverordnung.
Während die Branche es also erfolgreich geschafft hat, den Nischenmarkt zu verlassen und damit ökologische Lebensmittel für ein breites Publikum zugängig zu machen, ist die Diskussion über die Wirtschaftsform stehengeblieben. Beck fordert daher eine offene Debatte über die Wachstumsdoktrin und die Entwicklung einer sozial ökologischen Marktwirtschaft.
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