Aufarbeiten allein ist zu wenig

Jürgen Amendt über den Umgang der TV-Sender mit dem »Fall Wedel«

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 1 Min.

Bei Dieter Wedel ist die Fallhöhe groß. Der Regisseur, der von Frauen, die früher mit ihm zusammenarbeiteten, der sexuellen Gewalt beschuldigt wird, hat mit seinen Filmen dem Fernsehen nicht nur Quotenerfolge beschert; seine Produktionen waren gesellschaftliche Ereignisse, die ihm einen privilegierten Status innerhalb des Medienbetriebs sicherten.

So einen verlieren die Sender nicht gerne. Mindestens einer von ihnen will jetzt aufarbeiten, wer vor fast 40 Jahren Kenntnis von den Vorwürfen hatte, die damals gegen Wedel erhoben wurden.

Das ist so richtig wie es bedenklich wenig wäre, wenn es beim Aufarbeiten bliebe. Die meisten Taten sind juristisch verjährt, der Anspruch des Staates auf Strafe ist erloschen. Aufarbeitung ist ein Seelenbalsam, wo es doch nicht (nur) darum, sondern um das Hier und Jetzt und die Zukunft gehen muss.

Was nutzt das Entstauben der Archive und das Wühlen des Boulevards in den »Skandalen«, wenn die Strukturen, die solche Taten, wie sie Dieter Wedel vorgeworfen werden, erst möglich machen, nicht verändert werden? Bleibt dies aus, bleiben Schauspielerinnen und Schauspieler, Regisseurinnen und Regisseure weiterhin in einem unheilvollen Abhängigkeits- und Machtverhältnis ineinander gefangen, in dem Demütigungen als Leistungsansporn und cholerisches Verhalten als Charakterzug gelten.

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