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Kommerz um jeden Preis

Das Programm »Eine Welt ohne Hunger« des Entwicklungsministeriums geht an den Bedürfnissen der Kleinbauern vorbei

  • Christian Selz, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.

»Eine Welt ohne Hunger« (EWOH) lautet der vielversprechende Name des Programms, in dem das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) den Großteil seiner Initiativen im Bereich ländlicher Entwicklung und Ernährungssicherung zusammenfasst. Weltweit gibt es in 25 Ländern EWOH-Projekte, 18 der Partnerländer liegen in Afrika. Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die die Programme implementiert, kooperiert dort vor allem mit Nichtregierungsorganisationen. Doch vor dem Kampf gegen den Hunger steht dabei die Integration von Kleinbauern in Lieferketten, das zumindest ist das Ergebnis einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Studie, für die die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) und das African Centre for Biodiversity (ACB) die Umsetzung der Projekte in Sambia untersucht haben.

Im Zentrum der deutschen Initiative stehen »Grüne Innovationszentren« (GI). Zwischen 2014 und Mitte 2017 wurden diese mit insgesamt 266,5 Millionen Euro, etwa der Hälfte der EWOH-Mittel, finanziert. Ziel ist die »vollständige Modernisierung und Kommerzialisierung der Landwirtschaft«, wie die Autoren der Studie unter dem Titel »Die Grünen Innovationszentren in Sambia - Hunger bekämpfen durch Konzernlieferketten?« feststellen. Hunger soll so indirekt bekämpft werden. Resultate liegen noch nicht vor, doch RLS und ACB sehen wenig Grund zur Hoffnung. Für die meisten Kleinbauern, so das Fazit, wird das Programm keine Verbesserungen bringen.

Das Problem liege im Profitansatz der GI. »Die Programme agieren in Sektoren, in denen wenige transnationale Konzerne dominieren und auf billige Agrarrohstoffe angewiesen sind«, heißt es in der Studie. Die »Mehrheit der Produzenten« würde zudem »letztlich ausgeschlossen«, wenn Ackerbau als Geschäftsmodell gesehen wird. Denn informelle Marktkanäle werden nicht berücksichtigt. Dabei sind gerade Letztere in Sambia von zentraler Bedeutung. Nur 20 Prozent der im Land erzeugten Milch kommen beispielsweise in den formalen Handel, der weit größere Teil wird lokal und informell vermarktet.

An einer Förderung dieses dezentralen Versorgungsmodells scheint die Bundesregierung aber kein Interesse zu haben. Stattdessen sollen die Produkte von Kleinbauern in die Werkschöpfungskette integriert werden - eine Strategie, die so auch die USA mit ihrer Organisation USAID verfolgen. Und auch große private Stiftungen wie die Rockefeller Foundation und die Gates Foundation, ebenfalls stark in Sambia vertreten, setzen auf die Kräfte des Markts. Die deutsche GIZ arbeitet dabei eng mit US-Nichtregierungsorganisationen zusammen, die der Studie zufolge gar »öffentliche Entwicklungsfinanzierung mit privaten Finanzierungsformen kombinieren«. Solche »hybriden Geschäftsmodelle« seien schon deshalb problematisch, weil das BMZ laut eigener Aussage eigentlich »in Sambia keine privaten Unternehmen direkt finanziert«.

Dass unter dem EWOH-Label vor allem privatwirtschaftliche Interessen bedient werden, lässt sich auch an der Verteilung der Unterstützung an Kleinbauern erkennen. Ausgesprochenes Ziel der Initiative sei es, eine »kommerzielle Landwirt-Klasse aus der Basis der Kleinbauern zu entwickeln«, heißt es in der Studie. Geschaffen wird diese Klassengesellschaft über die Vergabe von Fördermitteln vor allem an eine »relative Elite«. Die Förderprogramme beispielsweise zur Saatgutproduktion nutzten nur einigen wenigen »hochgradig erfolgreichen Farmern«, stellten die Autoren fest. Um in den Kreis der Profiteure zu gelangen, bedürfe es einer »gewissen räumlichen Nähe, einer gewissen Landfläche und Erfahrung mit Hülsenfrüchten als Agrarprodukt«. Die »Mehrheit der Kleinproduzenten« sei nicht in der Lage, sich erfolgreich in Lieferketten zu integrieren. Den ärmsten Kleinbauern wird also nicht geholfen.

Doch selbst die »hochgradig erfolgreichen« Kleinbauern leiden unter den Niedrigpreisen, die ihnen von den Abnehmern diktiert werden. So ist auf dem Milchmarkt der global agierende Konzern Parmalat faktisch Monopolist. Die Bauern sehen sich als »Preisempfänger«, ihre Verhandlungsposition ist schwach. An ihrer Arbeit verdienen sie so wenig, dass sich die Lebensbedingungen kaum verbessern.

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