Erst arabisches Restaurant, jetzt Rechtsrock

Verfassungsschutz zählt acht Immobilien, die von der rechten Szene für Konzerte und Schulungen benutzt werden

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

In Frankfurt (Oder) wird seit dem vergangenen Jahr ein alter Luftschutzbunker mit 230 Quadratmetern Fläche von der Kameradschaft Kommando Werwolf als Clubhaus und für Konzerte und Feiern der rechten Szene genutzt. Darüber hinaus nutzt das Kommando Werwolf ein Waldgrundstück mit Einfamilienhaus in Finowfurt für ähnliche Zwecke. Auch die NPD und die Rechtsrockband »Frontfeuer« treten dort als Veranstalter in Erscheinung.

Das geht hervor aus den Antworten von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der Landtagsabgeordneten Andrea Johlige (LINKE). Demnach zählt der Verfassungsschutz gegenwärtig acht Immobilien im Land Brandenburg, die durch die rechte Szene genutzt werden. Hinzu kommen noch sechs Objekte mit Bezug zur rechten Szene. In den Gebäuden - und in einem Kleingarten in Rathenow - finden vor allem Rechtsrockkonzerte und Liederabende statt, außerdem Familienfeiern und andere Veranstaltungen.

In Motzen geschieht das den Angaben des Innenministers zufolge seit 2017 - und dort ausgerechnet in einem vormaligen arabischen Restaurant. In Bad Freienwalde ist dem Verfassungsschutz ein etwa 1000 Quadratmeter großes Grundstück mit Einfamilienhaus bekannt, identifiziert als »Sturmlokal« der Kameradschaft Märkisch Oder Barnim. Dazu kommt als Clubhaus der Barnimer Freundschaft ein rund 100 Quadratmeter großes Domizil auf einem alten Industriegelände in Klosterfelde. Außerdem trainiert und feiert ein Kampfsportverein, die Northsidecrew, seit 2014 in einer früheren Diskothek in Lübben. Ob und in welchem Umfang von den Objekten Straftaten ausgegangen sind, vermag das Innenministerium nicht zu sagen, da es keine diesbezügliche Statistik gibt. Minister Schröter kann aber sagen, dass die rechte Szene Immobilien sucht, »die möglichst im Besitz eines Anhängers oder zumindest Sympathisanten der rechten Szene sind, um Veranstaltungen wie zum Beispiel Konzerte, Liederabende oder Schulungen möglichst ohne behördliche Auflagen, Verbote oder zivilgesellschaftliche Störungen durchzuführen«.

Die Abgeordnete Johlige hält es für wichtig, »solche Orte im Auge zu behalten und die Entwicklung zu verfolgen«, da die Objekte der rechten Szene auch dazu dienen, Anhänger zu rekrutieren. Auch wisse man davon, dass Neonazis den Schulterschluss mit der AfD suchen.

Gerade erst hat eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (LINKE) ergeben, dass die rechte Szene bundesweit 136 Objekte kontrolliere, die sich je zur Hälfte in ihrem Eigentum befinden beziehungsweise gemietet oder gepachtet sind. Für Brandenburg waren zehn Objekte vermerkt, wobei Renner noch darauf hingewiesen hatte, dass die Liste ihrer Meinung nach insgesamt unvollständig sei.

Beide Aufstellungen enthalten einen Bauernhof in Kirchmöser. Zum Programm gehören Vorträge, Schulungen und Camps der völkischen Jugend. Hinter dieser Tagungsstätte steht der Bund für Gotterkenntnis. Er pflegt das Werk von Mathilde Ludendorff (1877-1966). Sie war verheiratet mit dem früheren Generalquartiermeister Erich Ludendorff (1865-1937), der sich 1923 in München am Hitlerputsch beteiligte und als Urheber der Dolchstoßlegende gilt. Die Legende besagt, das kaiserliche Heer sei im Ersten Weltkrieg im Felde unbesiegt gewesen und habe nur die Waffen strecken müssen, weil 1918 die Novemberrevolution ausbrach. Tatsächlich wusste die Heeresleitung aber, dass die Front nicht länger gehalten werden konnte.

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