Längst nicht mehr familiär

Knapp 53 Jahre lang spielt der VfL Bochum in einer der beiden obersten deutschen Fußballligen. Die Serie scheint ihrem Ende nah

  • Dietmar Kramer, Bochum
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Schussfahrt Richtung 3. Liga wird immer rasanter, und beim VfL Bochum liegen die Nerven blank: »Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße«, polterte Innenverteidiger Patrick Fabian nach der 0:1-Heimniederlage im Westduell der 2. Fußball-Bundesliga gegen Arminia Bielefeld.

Einmal in Rage machte Bochums dienstältester Profi auch seinem Unmut über die fortdauernden Querelen und die immer negativere Atmosphäre beim gar nicht mehr so familiären Traditionsklub Luft: »Wir müssen uns bewusst sein, wo wir stehen, und damit meine ich nicht nur die Tabellensituation. Was bei uns passiert, ist nicht so einfach auszublenden und wird gefühlt auf dem Rücken der Mannschaft ausgetragen. Wir können nicht auf jeder Ebene Probleme haben. Es geht nicht mehr«, sagte der 30-Jährige sichtlich angefressen.

Fabians verzweifelt anmutender Appell zur Einheit ist nachvollziehbar. Vorstand gegen Spieler, Aufsichtsrat gegen Vorstand, Fans gegen Vereinsführung - tatsächlich zerlegt sich der frühere Bundesligist seit Monaten durch vielfältige Grabenkämpfe selbst in seine Einzelteile. Die Quittung dafür kassiert der VfL immer wieder auf dem Platz. Nach 53 Jahren ohne Unterbrechung in einer der beiden höchsten deutschen Spielklassen und sieben Jahre nach dem sechsten Bundesligaabstieg taumelt Bochum dem bitteren Sturz in die Drittklassigkeit entgegen.

Auch die Winterpause brachte nach nur zwei Siegen in den vorherigen neun Begegnungen nicht die erhoffte Besserung: Gegen Bielefeld verloren die Blau-Weißen ihr zweites Spiel im neuen Jahr und rangieren durch die insgesamt dritte Pleite nacheinander nur noch einen Punkt vor dem Abstiegsrelegationsplatz.

Jens Rasiejewski war nach Gert-Jan Verbeek und Ismail Atalan vom umstrittenen Sportvorstand Christian Hochstätter schon als dritter Trainer seit Saisonbeginn installiert worden. Nun flüchtete er sich angesichts einiger fahrlässig vergebener Torchance gegen Bielefeld in Galgenhumor: »Allmählich passt der Spruch: ›Täglich grüßt das Murmeltier.‹« Der 43-Jährige ist frustriert. Gerade einmal 18 Tore in den bisherigen 20 Ligaspielen sind die zweitschlechteste Trefferquote der gesamten Liga - nur das abgeschlagene Schlusslicht 1. FC Kaiserslautern traf noch seltener (15).

Zwar bescheinigte der Ex-Profi seinem Team auch bei der vierten Heimniederlage der Saison wieder einmal »aufopferungsvolle Bereitschaft«. Aber auch Rasiejewski ist die Eigendynamik einer einmal in Gang gesetzten Abwärtsspirale bewusst: »Die Dinge, die wir im Moment machen, reichen nicht, um Spiele zu gewinnen. Das ist eine klare Erkenntnis, und das müssen wir schleunigst ändern.«

Was den Bochumer dabei auf keinen Fall erneut passieren darf, machte Patrick Fabian vor den »nächsten Drecksspielen« beim punktgleichen Rivalen Dynamo Dresden (Sonntag) sowie danach gegen den momentanen Relegationsplatzinhaber und Erstligaabsteiger Darmstadt 98 schon einmal klar: »Wenn wir uns gegenseitig auseinanderdividieren, haben wir keine Chance.« SID/nd

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